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Berliner Morgenpost, 09.07.2023 |
Mario-Felix Vogt |
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Konzert, Waldbühne Berlin, 8. Juli 2023
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Jonas kaufmann bringt die Berliner Waldbühne zum Tanzen |
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Opern und Operetten-Highlights: Jonas Kaufmann begeistert in der Waldbühne - vor allem mit Duett-Partnerin Rachel Willis-Sørensen. |
Bereits im Sommer 2018 verzauberte Jonas Kaufmann gemeinsam mit den
Philharmonikern das Berliner Publikum mit italienischem Liedgut, nun kehrte
der berühmte Tenor mit dem Rundfunk-Symphonieorchester Berlin zurück auf die
schönste Open-Air-Bühne der Hauptstadt. Seine Fans mussten lange auf ihn
warten, denn ursprünglich sollte das Waldbühnen-Konzert des Star-Tenors
bereits im August 2021 stattfinden. Dann wurde es auf August 2022
verschoben, doch auch dieser Termin fiel ins Wasser. Erst am zweiten
Juli-Wochenende dieses Jahres konnte Kaufmann das lange ersehnte Konzert
nachholen.
Er kam nicht alleine. Zum einen wurde er vom
Radio-Symphonieorchester Berlin (RSB) unter der Leitung von Jochen Rieder
unterstützt, der bereits seit 2009 mit Kaufmann Konzerte mit Opernwerken
gibt, zum anderen hatte Jonas Kaufmann eine erstklassige Duett-Partnerin
mitgebracht: die international gefeierte amerikanische Sopranistin Rachel
Willis-Sørensen. Die Amerikanerin trat bereits in Covent Garden in „Figaros
Hochzeit“ als Gräfin auf und sang dort auch die Gutrune in der
„Götterdämmerung“. Mit Jonas Kaufmann hat sie bereits 2018 in Johann
Strauss’ „Fledermaus“ gesungen.
Für das Waldbühnen-Konzert hatten die
beiden Sänger ein vielfältiges Programm zusammengestellt. Es umfasste
italienische Arien und Duette von Ruggero Leoncavallo und Giacomo Puccini
ebenso wie Operetten-Klassiker von Johann Strauß und Franz Lehár und
streifte mit Liedern wie „Ich küsse Ihre Hand, Madame“ auch gelegentlich das
Schlager-Genre. Jonas Kaufmann war bestens aufgelegt und zeigte sich auch
souveräner Moderator, der mit Witz und Lockerheit durch das Programm führte
und Informatives wie Unterhaltsames zu den Stücken zu erzählen wusste.
Auch der Wettergott war der Waldbühne gewogen: Zwar pendelte das
Thermometer zu Beginn des Konzerts noch um die 30 Grad-Marke und auch die
Sicht war durch die blendende Sonne für Teile des Publikums etwas
eingeschränkt. Nachdem diese jedoch hinter den Baumwipfeln verschwunden war,
war der Blick auf die Bühne ungestört und zwischendurch wehte auch ein
leichtes Lüftchen. Ausverkauft war das Konzert nicht, so blieben einige der
oberen Zuschauerreihen leer, angesichts der Hitze an diesem Juli-Wochenende
war es jedoch gut besucht.
Der Abend startete mit Tonios Prolog aus
Ruggero Leoncavallos Oper „I Pagliacci“. Eigentlich handelt es sich bei der
Rolle um eine Bariton-Partie, dennoch schien dieser Prolog Jonas Kaufmann
wie auf den Leib geschrieben, da es die warm und voll tönende untere Lage
seiner Stimme bestens zum Klingen brachte. Kaufmann beeilte sich jedoch nach
dem Vortrag des Prologs zu betonen, dass er keineswegs beabsichtige, das
Stimmfach zu wechseln, er schätze jedoch dieses Stück ungemein und wollte es
deshalb unbedingt singen. Nach zwei weiteren Stücken kam Rachel
Willis-Sørensen auf die Bühne und präsentierte sich mit der Arie der Mimi
aus dem 1. Akt von Puccinis Oper „La Bohème“.
Jonas Kaufmann in der
Waldbühne: Was oft schmalzig gerät, klingt bei ihm schlicht und natürlich
Dabei zeigte ihre Stimme gleichermaßen samtige Fülle wie auch silbrigen
Glanz von großer Strahlkraft. Mühelos springt sie in hohen Lagen und zeigt
auch in der Höhe ein beachtliches dynamisches Spektrum. Das Publikum ist zu
Recht begeistert, die Amerikanerin wird mit frenetischem Applaus bedacht.
Anschließend kommt Kaufmann auf die Bühne dazu, nun wird’s an diesem Abend
zu ersten Mal zweistimmig, mit dem Schlussduett von Rodolfo und Mimi,
ebenfalls aus dem ersten Akt von „La Bohème“. Man merkte da schnell, dass
die beiden schon oft gemeinsam gesungen haben. Sehr organisch gestalten sie
dieses beliebte Stück, wie aus einem Atem und farblich exzellent
ausbalanciert. Zwischendurch darf auch immer wieder das Orchester seine
Qualitäten in mehreren Intermezzi zeigen, dabei entpuppt sich Jochen Rieder
als ein glänzender Gestalter, der das RSB mit wunderbarer Leichtigkeit und
tänzerischen Schwung durch die Werke führte.
Diese Musizierweise
kommt auch dem Operetten- und Schlager-Teil des Konzerts sehr entgegen, der
nach der Pause mit dem Lied des Octavio aus Franz Lehárs Operette „Giuditta“
eingeleitet wird. Hier zeigte Jonas Kaufmann großartige Gestaltungskraft.
Denn diese Lieder, die bei schwächeren Sängern oft schmalzig und sentimental
wirken, klingen aus seinem Mund im besten Sinn schlicht und natürlich und
werden dadurch zu ernstzunehmender Musik.
Bald folgt einer der
Höhepunkte des ganzen Abends: „Wiener Blut“ von Johann Strauß, das Kaufmann
und Willis-Sørensen als betörendes Duett darbieten. Am Schluss wagte das
Sängerpaar gar eine kesse Sohle auf der Open-Air-Bühne und wurde für seinen
Walzertanz vom Publikum bejubelt. Das reguläre Programm endete mit dem
Lehár-Hit „Dein ist mein ganzes Herz“ aus der Operette „Das Land des
Lächelns“, das von Kaufmann mit feiner Nuancierung und Noblesse vorgetragen
wurde. Anschließend gab es stehende Ovationen, Sänger und Orchester
bedankten sich anschließend mit sechs (!) Zugaben, darunter auch die
berühmte Arie „Nessun dorma“ aus Puccinis Oper „Turandot“. Bei den
walzerhaften Stücken verließen auch einige Paare aus dem Publikum ihre Reihe
und begannen zu tanzen. Es hat zwar lange gedauert, bis die Berliner Jonas
Kaufmann in der Waldbühne wieder erleben durften, dafür bekamen sie jedoch
schließlich ein fabelhaftes Konzert in Überlänge.
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