BZ, 19. Mai 2015
von Matthias Lukaschewitsch
 
Operette, Tournee ab 15. April 2015
 
Jonas Kaufmann: Helden-Tenor mit Koketterie
 
Im Rahmen seiner Tournee „Du bist die Welt für mich“ gastierte der Münchner Star-Tenor Jonas Kaufmann am Montagabend in der Berliner Philharmonie.

Eigentlich nimmt man diesem Schöner-Mann-Tenor aus München alles ab, was das Rollenfach so hergibt. Und er hat sie ja auch alle gehabt – nicht die Frauen, sondern die Rollen, in denen es um die Frauen geht. Allen voran den „Rodolfo“ (La Bohème), den „Alfredo“ (La Traviata) und, und, und …

Jonas Kaufmann (45) hat sich aber vergangenes Jahr einfach mal abgesetzt und ist vom Romantik- Italien-Helden-Tenor in die beschwingte Walzer-und-Operettenseligkeit von Franz Léhar gerauscht, als gäbe es keine Mauern zwischen (Op)„er“ und (Oper)„rette“. Und das stimmt ja auch. Der Tenor – auch in der Operette – muss nur „die Liebe in Moll und in Dur“ können (sagt Franz Léhar). Und das kann Kaufmann ja. Einer, der stimmlich Riesenpartien schultert (Wagner rauf und runter). Eher ist die Frage, wie springt so einer zurück, wenn es um den nostalgischen Schmelz von Kompositionen der “Roaring–Twenties” geht. Denn die standen ja am Montag auf dem Programm seiner Tournee „Du bist die Welt für mich.“

Das klingt ja ganz anders, zurückgenommener, reduzierter. Die ganze Urgewalt einer großen Partie braucht es hier nicht (immer). Es geht um einen gewissen Swing, einen bestimmten Drive. Da, wo er sie braucht, hilft sie ihm selbstredend vortrefflich: Aus dem Piano dramatisiert er sich in schönste Höhen. Triumphal bisweilen gestern bei “Dein ist mein ganzes Herz!” aus Franz Léhars unvergessener Operette “Das Land des Lächelns”, das gerade den weltwirtschaftskriselnden Berlinern in den 1929/30er-Jahren einen gewissen Trost brachte.

Ja! Es geht natürlich um Versponnenes, Verträllertes, Verwickeltes. Erotisches: “Schatz, ich bitt Dich …Hab ein blaues Himmelbett”, oder “Im Traum hast du mir alles erlaubt” (Robert Stolz). Das ist dann auch das Motto für Kaufmann: “Mehr Parlando, als Glissando!“ Und auch mal einen Gluckser wie bei Richard Tauber. Oder beim „Weißen Rössl“ eine Reihe kleiner verschmuster Peter-Alexander-Hüpfer „Es muss was Wunderbares sein, von dir geliebt zu werden….“ Dieses plötzliches Innehalten (Ritunento), das so typisch ist.

Der charmant, aparte Lockenkopf klopft denn auch den Anneliese-Rothenberger-Staub aus den alten Kleidern von Liedern wie Hans Mays „Ein Lied geht um die Welt” – schlank, strahlend und glitzernd flogen die Töne, wie auf einem Samtkissen gedämpft durch die Philharmonie.

Da muss man auch Spielfreude haben, Lust auf Spielerei, Darstellerei, bisweilen Koketterie: Das hat er ja schon mal gemacht, als Caramello in der „Nacht in Venedig“ oder als Alfred in „Die Fledermaus.“ Nur Singen ist da nicht. Da muss auch geschwoft werden, geredet, gelacht, markiert. Vor 20 Jahren war das der Kaufmann an den Bühnen von Saarbrücken und Regensburg.

Es ist schön zu sehen, wie Kaufmann bereit ist, sich einen Zacken aus der Welt-Opern-Star-Krone zu brechen. Natürlich nur, weil er weiß, er bricht nicht. Denn er füllt die Philharmonie und diesen musikalischen Gang in die “Revue nostalgique“ wunderbar leichtstimmig und schmelzig aus. Ovationen und Blumen!







 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
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