Abendzeitung, 27.04.2015
Michael Bastian Weiß
 
Operette, Tournee ab 15. April 2015
 
Jonas Kaufmann singt Operettenlieder im Gasteig
 
Jonas Kaufmann und das Münchner Rundfunkorchester im Gasteig
 
Jonas Kaufmann singt Verdi, Wagner, französische Oper und Schubert-Lieder. Wen überrascht es da, dass er auch Operette kann?

Den Gemeinplatz, die leichte Kunst sei doch eigentlich die schwerste, mag man schon lange nicht mehr hören. Er stimmt auch gar nicht.

Jonas Kaufmann nimmt sich etwa des Liedes „Grüß mir mein Wien“ aus Emmerich Kálmáns „Gräfin Mariza“ mit großer Zärtlichkeit an, in der langsamen Walzermelodie werden alle musikalischen und textlichen Nuancen ausgekostet, und der Tenor besticht durch seine artikulatorische Sorgfalt und seinen steten Willen zum Piano.

Dazu begleitet das fast schon zu üppig besetzte Münchner Rundfunkorchester unter Jochen Rieder ausgesprochen idiomatisch, Rieder beherrscht die Kunst des sentimentalen Ritenutos, das für die späte Operette als typisch gilt. Er neigt nur etwas zu sehr zur Zurückhaltung und versäumt es somit, etwa in den Walzern Franz Lehárs aus „Die lustige Witwe“ und „Giuditta“ auch einmal einen mitreißenden Sog zu entfachen.
Die Verstärkung stört nicht

Der Luxus, viele Passagen im leisen „mezza voce“ zu singen, ist freilich erkauft durch eine fast durchgehende elektronische Verstärkung. In einer Vorbemerkung begründet Kaufmann das prominente Stehmikrophon damit, dass es für die eigene Ästhetik des frühen Tonfilmschlagers notwendig sei, und er hat recht damit.

Doch die Verstärkung ist, etwas subtiler, auch bei manchen der Operettenarien im Einsatz, wo sie eigentlich natürlich nicht hingehört. Man kann sich des Eindrucks nicht ganz erwehren, hier werde durch technische Unterstützung die Stimme geschont, was angesichts einer acht Konzerte umfassenden Deutschland-Tournee verständlich ist.

Auch werden viele Modulationen, leise, intime Töne der Tenorstimme möglich, die in der Tiefe eine fast baritonale Färbung annimmt. Wenn Kaufmann allerdings ohne Mithilfe singt, etwa „Freunde, das Leben ist lebenswert“ aus Lehárs „Giuditta“ oder „Dein ist mein ganzes Herz“ aus dessen „Land des Lächelns“, wird auch deutlich, dass sich das Organ in den Weiten der Philharmonie vor allem in der mild leuchtenden Höhe entfalten kann.
Zugaben aus der Zeit, als der Schlager noch Niveau hatte

Im Ganzen jedoch funktioniert dieses natürlich aufwendig umworbene U-Musik-Projekt Jonas Kaufmanns sehr gut, nicht zuletzt auch wegen der Zugaben aus einer Zeit, als der Schlager noch Niveau hatte: Werner Richard Heymanns „Irgendwo auf der Welt“, Ralph Benatzkys „Es muß was Wunderbares sein“ aus dem „Weißen Rössl“ sowie Robert Stolz´ „Das Lied ist aus“ reißen die Anhänger des gebürtigen Münchners in der Philharmonie von den Sitzen.






 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
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