Wagner: Tannhäuser, Salzburger Osterfestspiele , ab 1. April 2023
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Salzburg: Ein ambivalenter Start mit Wagners „Tannhäuser“ bei den Osterfestspielen |
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Junge, barbusige Mädchen, die wie Amazonen schon zur Ouvertüre mannigfach
Pfeile in das Bild eines Auges schießen. Dann sieht man Pilger, die einen
riesigen Goldbrocken tragen, wie auch Rituale eines Männerbundes, die teils
wie buddhistische Mönche gekleidet sind. Weiters einen toten Hirsch, dessen
Blut sich die Ritter ins Gesicht schmieren, herumliegende Nachbildungen
menschlicher Füße, tanzende Gaze-Vorhänge im zweiten Akt, dunkle
Leichenaufbahrungen und die Unendlichkeit bzw. Aufhebung der Zeit im letzten
Akt: Romeo Castelluccis Inszenierungen – er verantwortet auch die gesamte
Ausstattung und das Licht - zu verstehen und zu enträtseln, erscheint
sinnlos, schon wegen der Fülle der nicht immer durchschaubaren Ideen, die
von Surrealismus, Symbolen und anderem geprägt sind. Zweifellos führen diese
zu einem permanenten Staunen lassen aber auch zu vielen offenen Fragen.
Zudem wirken diese beeindruckenden Bilder von Richard Wagners „Tannhäuser“
zur Eröffnung der diesjährigen Osterfestspiele im Großen Festspielhaus eher
wie eine Kunstinstallation als eine Inszenierung. Denn sie bewirken
hauptsächlich langwierige, statuarische Momente speziell im Mittelakt, die
auch die inneren Gefühle der Protagonisten selten offenlegen. Man erkennt
etwa kein Ringen des Titelhelden, keine Eifersucht von Wolfram.
Es
sind die ersten Festspiele in der alleinigen Eigenverantwortung von
Intendant Nikolaus Bachler, der mit einer bereits im Jahre 2017 in seinem
damaligen Stammhaus der Bayrischen Staatsoper München gezeigten Produktion
startet, was ihm mangels einer Neuinszenierung zum Start durchaus auch
Kritik einbrachte. Deshalb legt man großen Wert auf die Bezeichnung
„Neueinstudierung“.
„Passend“ zu diesem Steh- und Schreittheater ist
auch das Dirigat von Andris Nelsons, der heuer mit dem Gewandhausorchester
Leipzig die Osterfestspiele bestreitet. Es ist geprägt von großer
Langsamkeit, in einer derartigen „Zeitlupe“ hat man etwa die Ouvertüre noch
nie erlebt. Dies geht leider immer wieder auf Kosten der Spannung. Wiewohl
sich einige berückende, extrem ausgereizte kammermusikalische Momente von
großer Zartheit und von farbiger Klangschönheiten spüren lassen. Man wählte
diesmal die sogenannte „Pariser Fassung“.
Die ausladenden Tempi
strapazieren auch die Sänger. Es grenzt fast an ein Wunder, dass Christian
Gerhaher als exzellenter Wolfram von Eschenbach bei der vom Dirigenten
völlig zerdehnten Arie „O du mein holder Abendstern“ trotzdem die Spannung
halten kann. Der deutsche Bariton ist mit seiner ungemein kultivierten, edel
phrasierten Darbietung überhaupt der sängerische Star des Abends. Ihm in
nichts nachstehend liefert Georg Zeppenfeld einen wunderbaren, prägnanten
Landgrafen Hermann ab. Auf sein Rollendebüt als Titelheld von Jonas Kaufmann
durfte man gespannt sein. Er hat offenbar seine kürzlich in Wien als Radames
bei Verdis „Aida“ erlebte Indisposition überwunden. Er beginnt den
Tannhäuser sehr bedächtig und vorsichtig, wird dann immer ausdrucksstärker
und gefällt mit seinem edlen Timbre. Vor allem die „Romerzählung“ wird zum
Ereignis. Ein weiteres Rollendebüt beschert uns Marlis Petersen als
Elisabeth, ihre erste Wagner-Rolle überhaupt. Sie singt die Partie ungemein
zart und lyrisch, bleibt jedoch auch gestalterisch ziemlich blass. Eine
stimmliche Wucht ist Emma Bell als für die erkrankte Elina Garanca
eingesprungene Venus. Auch die kleineren Rollen sind unter anderen mit
Sebastian Kohlhepp als Walter von der Vogelweide sowie Edwin Crossley-Mercer
als Biterolf ideal besetzt. Sehr stimmgewaltig und homogen hört man die
vereinten Chöre, den Bachchor Salzburg (Einstudierung: Benjamin Hartmann)
und den Tschechischen Philharmonischen Chor Brünn (Einstudierung: Michael
Dvorák).
Zum Schluss gab es viel Applaus und etliche Bravi, vor allem
für Gerhaher, in die sich einige Buhs für den Dirigenten und vor allem den
Regisseur mischten.
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