volksblatt, 2. April 2023
 
Wagner: Tannhäuser, Salzburger Osterfestspiele , ab 1. April 2023
„Tannhäuser“ mit intimen Wagner-Klängen
 
Osterfestspiele Salzburg im Jetzt angekommen
 
In großem Stil, wie seit 1967 üblich, ging die Eröffnungspremiere der diesjährigen Osterfestspiele im Großen Festspielhaus zu Salzburg über die Bühne.

Leipzig ist der Schwerpunkt des diesjährigen Programms. Wagner als gebürtiger Leipziger und das älteste bürgerliche Orchester weltweit, das Gewandhausorchester Leipzig, sollen Erfolgsgaranten im Jahr 1 nach Thielemann und dessen Staatskapelle Dresden sein. Mit dem „Tannhäuser“ wählte man ungewohntes Wagner-Terrain.

Trotz großer Namen im üppigen Sänger-Ensemble erwies sich gerade das riesige Orchester als zentraler Mittel- und Höhepunkt dieses „Sängerkrieges auf Wartburg“. Mit den ersten weich und edel intonierten Bläserakkorden im Piano war man hin und weg von der noblen Klangpalette dieses Meisterensembles. Fast unfair jemanden herauszustreichen, aber auffällig allemal, wie subtil und klar artikulierend die Gruppe der zehn Bratschen musizierte. Aus den zahlreichen Solisten nahmen besonders Solo–Oboe und – Klarinette ein.

Eine grandios vorbereitete und geprobte Neueinstudierung. Dafür auch und vor allem verantwortlich, Andris Nelsons.

Der 44-jährige 21. Gewandhauskapellmeister zählt zu den schillerndsten Maestros der weltweiten Musikszene. Er spürt einem Wagner-Klang nach, der dem intimen, fast kammermusikalischen Ausdruck gerecht wird. Nie hat man die Abschnitte mit Wolfram von Eschenbach entrückter, ja intimer vernommen.

Wäre alles vergebliche Liebesmüh‘, wenn man nicht Christian Gerhaher zur Verfügung hätte: Dieser für Ihren Berichterstatter bedeutendste Liedsänger unserer Zeit bringt gerade durch seine Klangkultur eine Dimension auf die Opernbühne, die es so noch nie gab. Einen derart verinnerlichten, auch langsameren, rubatohaften ,„Mein holder Abendstern“ hält man für surreal — noch mehr die geniale Einleitung dazu: „In Todesahnung Dämmerung deckt die Lande.“ Das zu erleben, gehört zu den berührendsten Momenten eines Hörers und Musikers!

Dass es da jeder Interpret der Titelrolle schwer hat, ist Faktum. Jonas Kaufmann zeigt darin seine bekannten Qualitäten. Ausdruck, Bühnenpräsenz und feine Artikulation überzeugen bei seinem Rollendebüt. In der Großen Szene im 3. Aufzug schwinden Kaufmanns Reserven jedoch.

Auch Marlis Petersen als Elisabeth und die für Elina Garanca eingesprungene Emma Bell gestalteten ihre Rollendebüts erfolgreich. Ein Labsal der Philharmonische Chor Brünn zusammen mit dem Bachchor Salzburg: Viele junge Stimmen adelten die Pilgerchöre.

Die Regie von Romeo Castellucci, der auch für Bühne, Kostüme und Licht verantwortlich zeichnete, ist ja seit der Premiere am Münchner Nationaltheater von 2017 bekannt.

Viel Sinnlichkeit, auch Bewegung ist seither dazugekommen, es bleibt jedoch der Eindruck der allzu üppigen Symbolik, die aber aus den skizzierten Ausführungen zurücktreten muss, zugunsten der Kraft der Musik.

Vom Publikum dankbarst bejubelt, sind die Osterfestspiele im Jetzt angekommen und machen Lust und Neugier auf mehr.







 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
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