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Volksblatt, 19. Jänner 2023 |
Von Ingo Rickl |
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Verdi: Aida, Wiener Staatsoper ab 14. Januar 2023
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Ein Psychodrama der Liebesgefühle |
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Sensationelle „Aida“ mit Anna Netrebko, Elina Garanca und Jonas Kaufmann
Das Publikum der Wiener Staatsoper ist dank der künstlerischen Angebote von
Direktor Bogdan Roscic mit dem Höhepunkt der augenblicklichen „Aida“-Serie
vollzählig in das Haus am Ring zurückgekehrt. Die am 24. Dezember 1871 im
Kairo uraufgeführte Oper, die kein Geringerer als Ägyptens Vizekönig Ismail
Pascha in Auftrag gegeben hatte, kam am 29. April 1874 erstmals an der
Wiener Hofoper heraus, wo sie Giuseppe Verdi höchstpersönlich am 20. Juni
1875 dirigierte.
Librettist Antonio Ghislanzoni und Verdi,
unwissentlich auf das Jahr 2023 vorausblickend, wünschten sich für die
rivalisierenden Radames-Verehrerinnen hübsche, attraktive Interpretinnen.
Nun stehen sie also tatsächlich auf der von Carlo Tommasi monströs
ausgestatteten Bühne, auf der Nicolas Joel wahre Menschenmassen in Bewegung
setzte: die großen Diven unserer Zeit, Sopranistin Anna Netrebko in der
Titelpartie und mit grandiosem Mezzo Elina Garanca als Intrigantin Ameris,
letztere als Rollendebütantin.
Was man nun erlebt, ist absolute
Weltklasse: Die beiden bieten im Duett und alleine ein Psychodrama der
Liebesgefühle. Netrebko ist die leidende äthiopische Dienerin im Exil,
Garanca die ihre Rivalin mit falscher Zuneigung bis an den Rand des
Erträglichen quälende Prinzessin Ägyptens.
Jonas Kaufmann zu wenig
persönlichkeitsstark In Gestik, Mimik und in bestechender rivalisierender
Stimmkultur kämpfen die beiden um die Liebe des ägyptischen Feldherren
Radames. Als solcher ist der tenoral auftrumpfende Jonas Kaufmann zu wenig
persönlichkeitsstark, er wirkt nicht als heldischer Oberbefehlshaber der
zunächst erfolgreichen ägyptischen Truppen, sondern eher als bescheidener
Diener seines Volkes, wodurch allerdings der unvorsichtige Verrat desselben
glaubhafter wirkt. Der äthiopische König und Feldherr Amonasro, gleichzeitig
Vater Aidas, findet in Luca Salsi einen impulsiven baritonalen
Sänger-Darsteller von Format, der seine Tochter und deren Liebhaber beinhart
hereinlegt. Bleibt als letzter Höhepunkt des Abends die Todesszene zu
erwähnen. Das Duett Radames-Aida und das Gebet Amneris’ für ihren sterbenden
Geliebten rühren das Publikum bis an die Grenzen des Erträglichen.
In
der 126. Aufführung der Joel-Inszenierung leitet Nicola Luisotti nach eher
vorsichtigem Auftakt mit der Radames-Romanze das Orchester und den von
Thomas Lang einstudierten Chor sowie Bühnenorchester und Extrachor souverän,
was bei den durchaus individuell gestalteten Arien und Duetten der
rivalisierenden Diven gar nicht leicht war. Wie wichtig sogenannte
Nebenrollen sein können, zeigen Ilja Kazakov als König, Alexander Vinogradov
als Ismail Pascha, Hiroshi Amako als Bote und die Ukrainerin Anna Bondarenko
als Priesterin.
Der Jubel kannte keine Grenzen. Es wird schwer sein,
für die letzten beiden Aufführungen am 21. und 24. Jänner noch Karten zu
ergattern.
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