Salzburer Nachrichten, 16.01.2023
Ernst P. Strobl
 
Verdi: Aida, Wiener Staatsoper ab 14. Januar 2023
Netrebko, Garanca, Kaufmann: Ein Gipfeltreffen am Nil in der Staatsoper
 
Kassenschlager: In der Wiener Staatsoper hat sich für Verdis "Aida" eine Spitzenbesetzung zusammengefunden.

Ein bisschen Namedropping kann nicht schaden im Repertoirebetrieb und wirft auch ein wenig Glanz auf den Operndirektor. Wer am Samstag wegen "Aida" einen Blick auf die Homepage der Wiener Staatsoper warf, konnte da lesen: "Die Wiederaufnahme im Jänner wird von einem international einzigartigen Solistenensemble gestaltet: Jonas Kaufmann singt seinen ersten Radames an der Wiener Staatsoper, Elina Garanča gibt ihr langersehntes Debüt als Amneris, Luca Salsi ist als Amonasro und Alexander Vinogradov als Ramfis zu erleben ..." Aber da fehlt doch was. Die Titelrolle? War man sich in Zeiten wie diesen nicht ganz sicher?

Sie war natürlich da, Anna Netrebko, an der die Wiener Staatsoper unverdrossen festhält, während sie etwa in New York oder in London sanktioniert wird wegen der politischen Weltlage. Immerhin hatte sich die Russin nicht deutlich genug vom Kriegsherrn ihrer Heimat distanziert. Operndirektoren wie Bogdan Roščić sehen das weniger eng, und Netrebko ist halt die Aida unserer Zeit, von Verona bis Salzburg. Hatte 2017 dort Shirin Neshat eine zeitgemäße Deutung inszeniert, so war in Wien alles so, wie sich ein Tourismusbüro eine "Aida" vorstellt.

Die Kostüme und die Bühne von Carlo Tommasi strahlen seit der Premiere 1984 altägyptische Monumentalität und goldenen Prunk aus, die Bühne ist großformatig mit Tempelarchitektur zugebaut, Respekt für die flinken Umbauarbeiten. Dazu passend hat einst Regisseur Nicolas Joël mit zeremoniellen Aufmärschen die Massen bildschön arrangiert, von einer ausgefeilten Personenführung im spannungsgeladenen Beziehungsgeflecht zwischen Aida, Amneris und Radames war auch bei der Wiederaufnahme nichts zu merken. Da überließ man wohl viel der Bühnenroutine der Weltstars und vor allem der Musik.

Was für Stimmen! Jeweils eine Klasse für sich, die Berühmtheit haben sich Anna Netrebko, Elina Garanča und Jonas Kaufmann auf Dauer erarbeitet und verdient. Mit Spannung war das Rollendebüt von Garanča als Amneris erwartet worden, die sich sukzessive den ganz hohen Herausforderungen stellt. Nach Eboli, Dalila und Kundry folgt demnächst die Venus im "Tannhäuser" bei den Osterfestspielen Salzburg, der prächtige Mezzosopran der Lettin hat die perfekte Strahlkraft. Auch als Pharaotochter Amneris überzeugte Garanča bis zum tragischen Ende, wenn ihr geliebter Kriegsheld Radames und die äthiopische Sklavin Aida lebendig eingemauert Abschied vom Leben nehmen.

Dieses bewegende Finale - Netrebkos wunderbarer Sopran und verschmelzend der Tenor von Jonas Kaufmann - hallt noch lange nach, auch das letzte Wort von Amneris: "Pace", Frieden.

Tadellos waren auch die anderen Rollen besetzt, vom gottgleichen Pharao Ilja Kazakov über den Oberpriester Ramfis, dessen Hartherzigkeit Alexander Vinogradov mit mächtigem Bass unterstrich, bis hin zum großartigen Bariton Luca Salsi, der als ÄthiopierkönigAmonasro nicht davor scheut, seine Tochter Aida zu erpressen. Der Staatsopernchor bewährte sich als Priester und vor allem als Volk mit dem berühmten "Triumphmarsch", ergänzt mit anschaulichem Ballett. Und das war eine der Stärken dieses Abends: Dirigent Nicola Luisotti konnte sich auf die auch martialischen Qualitäten des hervorragenden Staatsopernorchesters verlassen und war vor allem der Bühne zugewandt. Eine "Aida" wie aus dem Bilderbuch, vor allem aber ein Fest großer Stimmen.













 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
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