BNN, 9. Januar 2023
von Birgitta Schmid
 
Konzert, Jonas Kaufmann und Ludovic Tézier, Baden-Baden, 8. Januar 2023
Startenor Jonas Kaufmann im Festspielhaus Baden-Baden: Großer Abend mit großen Emotionen
 
Große Stimmen präsentierten die großen Emotionen der italienischen Oper: Jonas Kaufmann und Ludovic Tézier gestalteten einen glänzenden Abend im Festspielhaus Baden-Baden.
 
Heldenmut! Ehre! Rache! Verzweifelte Liebe, Männerfreundschaft und große Feindschaft. In den italienischen Opern des späten 19. Jahrhunderts geht es um das ganz große Gefühl, um überlebensgroße Leidenschaften, um Menschen am Abgrund.

Die Frage von Loyalität und Verrat setzt vor allem den Außenseitern zu, dem Mestizen Alvaro und dem Schwarzafrikaner Otello, deren prekärer Stand in der weißen Mehrheitsgesellschaft verwundbar macht. Giuseppe Verdi engagierte sich in seinen Opern für prekäre Existenzen, man denke nur an die „Traviata“, an Rigoletto, den Alvaro aus „Die Macht des Schicksals“ und eben an Otello.

Jonas Kaufmann und Ludovic Tézier: Gesangsstars als Freund-Feinde auf der Bühne

Wenn, wie nun im Festspielhaus Baden-Baden, ein Tenor und ein Bariton antreten, um das Publikum mit Duetten und Arien von Verdi und Amilcare Ponchielli zu betören, stellt sich also immer die Frage: Rivalen oder Freunde? Im echten Leben sind die beiden Gesangsstars Jonas Kaufmann und Ludovic Tézier Freunde. Als solche haben sie das Album „Insieme“ mit Duetten aufgenommen, das Anfang Oktober 2022 veröffentlicht wurde.

Zum Auftakt des 25. Jubiläums, das das Festspielhaus Baden-Baden 2023 feiert, gestalteten die beiden mit dem Dirigenten Jochen Rieder und der Deutschen Radio Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern auf Grundlage dieses Albums sowie Ouvertüren und einer Ballettmusik gleich zu Beginn des Jubiläumsjahres ein Highlight.

Klugerweise beschränkten sich die Gesangsstücke auf drei Opern, Verdis „La forza del destino“ und „Otello“ sowie Ponchiellis „La Gioconda“.

Mächtiger Sog mit Verdi-Ouvertüre im Festspielhaus

Mit der unheilsschwangeren Ouvertüre zu Verdis „Macht des Schicksals“ entfalteten Dirigent und Orchester gleich zum Auftakt einen mächtigen Sog, der direkt in die Welt der Emotionen und dunklen Obsessionen führte.

Kaufmann und Tézier verkörpern die Freundfeinde Alvaro und Don Carlo de Vargas, die von widerstrebenden Gefühlen fast zerrissen werden. Verdis Musik treibt die Emotionen auf die Spitze, und so ging das Publikum im ausverkauften Festspielhaus sofort mit.

Musikalischer Feinschliff und große Ausdruckskraft in Baden-Baden

Schade nur, dass Jonas Kaufmann um seine Stimme kämpfen musste: Ein Fädchen Irritation zeigte sich gleich zu Beginn. Glücklicherweise hat er eine makellose Technik und ist ein kluger Sängerdarsteller, so dass die Bewunderung für ihn größer blieb als das Bangen, ob er durchhalten würde. Ludovic Tézier zeigte sich im Vollbesitz seiner opulenten stimmlichen Möglichkeiten. Einig waren sich Sänger, Dirigent und Orchester beim musikalischen Feinschliff: Genauigkeit und Nuancierung gingen einher mit der notwendigen Dramatik und Expressivität.

Nicht weniger unheilsverliebt der Plot von Ponchiellis „La Gioconda“, aus der vor allem die Ballettmusik „Tanz der Stunden“ sich in den Konzertprogrammen gehalten hat. Kaufmann und Tézier konturierten im Duett den schwärmerischen Enzo und den bösen Barnaba. In Verdis „Otello“ untergräbt der abgrundtief böse Jago die Selbstsicherheit des Titelhelden, indem er ihm die Untreue seiner Frau suggeriert. Tézier zog im pervertierten „Credo“ inklusive teuflischem Lachen alle Register.

Zwei Duette gab es als Zugaben, heiterer Puccini-Schmelz aus „La bohème“ und das Duett Don Carlo/Posa aus Verdis gleichnamiger Oper. Viele Bravos, Applaus und Standing Ovations!














 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
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