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Kurier, 15.8.2022 |
Peter Jarolin |
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Beethoven: Fidelio, Gstaad und Grafenegg, August 2022
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Beethovens „Fidelio“ konzertant beim Musikfestival Grafenegg |
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Auftakt zum Musikfestival mit Star-Tenor Jonas Kaufmann.
Umjubeltes Debüt der "Einspringerin" Sinéad Campbell-Wallace |
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Bereits vor zwei Jahren wollte Ausnahmepianist und Intendant Rudolf
Buchbinder Ludwig van Beethovens einzige Oper „Fidelio“ zur Eröffnung des
Musikfestivals Grafenegg konzertant am Wolkenturm präsentieren. Doch die
unsägliche Pandemie verhinderte das Unterfangen.
Am Wochenende jedoch
war es endlich so weit. Beethovens Freiheitsoper konnte – bei Traumwetter –
zwei Mal am Wolkenturm gespielt werden. Beide Vorstellungen waren
ausverkauft, und das Publikum bejubelte eine exzellente Besetzung. Obwohl
auch hier die Pandemie wieder fast Spielverderber gewesen wäre. Gleich drei
Sängerinnen waren für die Leonore angesetzt; zwei von ihnen mussten bereits
im Vorfeld coronabedingt absagen. So kam die irische Sopranistin Sinéad
Campbell-Wallace zu ihrem umjubelten Debüt in Grafenegg. Denn die
Künstlerin, die im lyrischen Fach begonnen hat und mittlerweile im
dramatischen Repertoire reüssiert, ist vokal jeder Zoll eine Leonore von
Weltformat, die als Fidelio ihren armen Florestan selbst konzertant retten
kann.
Starfaktor Dieser Florestan wiederum könnte mit Jonas
Kaufmann auch kaum besser besetzt werden. Denn der Startenor, dessen Stimme
immer mehr ins Baritonale geht, verströmt puren Schöngesang, ohne sich
besonders in den Vordergrund zu spielen. Die Ensembleleistung war hier
wichtiger als jeder Starfaktor. Gut so!
Denn auch die übrigen
Mitwirkenden konnten sich mehr als hören lassen. Allen voran Christina
Landshamer als starke, sehr edel singende Marzelline, Matthias Winckhler als
sicherer Don Fernando und Andreas Bauer Kanabas als mächtiger Rocco. Dazu
kam noch Patrick Grahl als braver Jaquino sowie der scheinbar unverwüstliche
Falk Struckmann als brutale, kraftvolle Inkarnation eines Don Pizarro.
Sie alle wurden vom Gstaad Festival Orchestra —es handelte sich um eine
Koproduktion mit dem Gstaad Menuhin Festival — unter der Leitung von Jaap
van Zweden begleitet. Wobei Zweden, seines Zeichens Chefdirigent der New
Yorker Philharmoniker, auf sehr breite, oft ausufernde Tempi setzte, die
auch den von Petr Fiala sehr gut einstudierten Tschechischen
Philharmonischen Chor Brünn oft vor gewaltige Aufgaben stellten. Gemeistert
wurden diese allerdings souverän, und Zwedens Lesart ist insgesamt
plausibel.
Blieb nur noch das ewige Problem mit den nicht wirklich
immer geglückten Original-Textpassagen. Diese versuchte man mit dem
Prosatext „Roccos Erzählung" aus der Feder von Walter Jens abzufangen, der
die Geschichte aus der Perspektive des Kerkermeisters erzählt.
Dafür
war Burgschauspieler Peter Simonischek aufgeboten, der mit leichtem Hang zum
Pathos Roccos Dilemma zwischen staatlicher Pflicht und Menschlichkeit hörbar
machte. Mit dem bekannten Ergebnis — dem Sieg der Freiheit.
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