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Der Standard, 14. August 2022 |
Stefan Ender |
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Beethoven: Fidelio, Gstaad und Grafenegg, August 2022
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Grafenegg: Beethoven bringt Kaufmann und Simonischek zusammen |
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Das Grafenegg Festival wurde mit einer konzertanten Aufführung von Beethovens "Fidelio" und Stars wie Jonas Kaufmann und Peter Simonischek eröffnet |
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Nicht nur ein alter weißer Mann wie Peter Sloterdijk weiß sich von der Farbe
Grau inspirieren zu lassen (aktuelles Buch: "Wer noch kein Grau gedacht
hat"). Auch lebenserfahrene Frauen wissen das Graumelierte zu schätzen – am
Mann. Und so ist es als Coup wie als Publikumsattraktion gleichermaßen zu
bezeichnen, wenn das Grafenegg Festival zur Eröffnung gleich zwei der
attraktivsten graumelierten Künstler des deutschsprachigen Raums aufbot:
Jonas Kaufmann und Peter Simonischek.
Die dunkelgrauen
Wolkengeschwader hatten sich verzogen und einem zartblauen Abendhimmel Platz
gemacht, als Simonischek unter dem sichtbetongrauen Zickzack des Wolkenturms
vom rabenschwarzen Schicksal Kaufmanns erzählte, der in der konzertanten
"Fidelio"-Aufführung den von Don Pizarro eingelochten Florestan sang. (In
der hier verwendeten Fassung von Walter Jens erinnerte sich Simonischek als
Kerkermeister Rocco retrospektiv an die Vorkommnisse im spanischen
Staatsgefängnis.)
Ewiges Crescendo Als Florestan
im zweiten Aufzug gegen 21.30 endlich dran war, ließ Kaufmann dessen ersten
Ausruf "Gott!" in einem beinah ewigen Crescendo aus dem Nichts bis fast zum
Verzweiflungsschrei anwachsen. Im Beisein des bayerischen Innenministers
Hermann sang der Deutsch-Österreicher dann mit Intensität und Feingefühl von
seinen Nöten als Entrechteter. Die kurze Partie des Florestan kennt einige
fiese Stellen, unter Mühen schraubte sich Kaufmann Ton für Ton höher "ins
himmlische Reich".
Die relativ kurzfristig besetzte Sinéad
Campbell-Wallace war dem 53-Jährigen eine souveräne Gattin, mit der
sinnlichen Fülle und dem edlen Glanz ihres Soprans kämpfte sie als Leonore
gegen dunkle Mächte an. In Falk Struckmann hatte die Irin einen
streitlustigen Gegner: Mit loderndem Schneid und stahlheller Erregung warf
sich die deutsche Legende in Pose. Struckmann war der Aktivposten, der
Weckdienst in dieser Aufführung unter der Leitung von Jaap van Zweden, der
mit dem Gstaad Festival Orchester feinfühlig und behutsam unterwegs war.
Eruptive Schaffenskräfte Jede Nummer der Oper wurde
wie eine Preziose in einem Schmuckkästchen präsentiert, mit Simonischek als
erzählfreudigem Seniorchef des Juwelierbetriebs. Es ist immer wieder
erstaunlich, in welchem Ausmaß Beethoven seine eruptiven Schaffenskräfte in
dieser Oper domestiziert und in den Goldrahmen der Kunstfertigkeit gezwungen
hat. Als singender Rocco war Andreas Bauer Kanabas ein Kerkermeister der
sanften, samtweichen Töne; tadellos Christina Landshamer als dessen Tochter
Marzelline und Patrick Grahl als ihr Verehrer Jaquino.
Wenn
Simonischek erzählte oder die Musik sehr leise war – spinnwebenzart etwa die
Streicherakkorde vor dem Auftritt der Gefangenen im ersten Finale – war von
außerhalb des Schlossparks immer wieder gut gelaunte Schlager-Mucke ("Ein
Bett im Kornfeld") zu hören: ein überraschendes Kontrastprogramm zur eher
trüb-grauen Thematik der Oper.
Jubel und Begeisterung am Samstagabend
zur hoffnungsfroh endenden Festivaleröffnung im Grünen. (Stefan
Ender,14.8.2022)
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