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Merkur, 30.7.2022 |
Von Sabine Näher |
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Konzert, Benediktbeuern, 28.7.2022
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Trotz Regen: Startenor Jonas Kaufmann punktet mit Stimme und Charme
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Einen „Sommernachtstraum“ erwarteten die Zuhörer von Startenor Jonas Kaufmann in Benediktbeuern. Doch dann begann es zu regnen. Trotzdem zog Kaufmann das Publikum in seinen Bann.
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Benediktbeuern – Angekündigt war ein „Sommernachtstraum mit dem Weltstar“.
Kurz vor Konzertbeginn schaut eine Dame in eleganter Abendrobe verzweifelt
in den grauen Himmel, der eben seine Schleusen öffnet. „Das war anders
ausgemacht“, murmelt sie.
Startenor Jonas Kaufmann im Kloster
Benediktbeuern
Beim Konzert von Startenor Jonas Kaufmann im
Kloster Benediktbeuern am Donnerstagabend ist sie beileibe nicht die
einzige, deren Outfit ebenso gut nach Salzburg oder Bayreuth passen würde.
Doch anders als die dortigen Festspielstätten hat der Maierhof keine
überdachte Ausweichspielstätte. So verschwinden all die festlichen Roben
unter Regenhäuten, Schirme werden aufgespannt.
Startenor
lässt trübes Wetter in den Hintergrund rücken
Mit Verspätung
– vermutlich hoffte man auf Wetterbesserung – nehmen die Musiker der
Augsburger Philharmoniker mit Dirigent Jochen Rieder ihre Plätze ein. Als
er, auf den hier alle warten, auftritt, wird er mit stürmischem Beifall
begrüßt. Und als Jonas Kaufmann zu singen anhebt, rückt das unwirtliche
Ambiente sofort in den Hintergrund.
Jonas Kaufmann begeistert
das Publikum mit seiner Stimme
Doch dann kommt heftiger Wind
auf. Die Bühne gibt ächzende Geräusche von sich, dann erstirbt die Musik.
Doch Kaufmann hat die passenden Worte parat: „Diese Bühne ist absolut
sicher. Sie ruckelt sich in den Windstößen gerade zurecht. Das hat den einen
oder anderen hier oben erschreckt. Aber jetzt fangen wir einfach noch mal
an…“ Gesagt, getan. Und Kaufmanns Stimme, dunkel abgetönt, warm und rund,
gleichwohl brillant in der Höhe, verzaubert umgehend. Betörende Klangwogen
des Orchesters hüllen sie ein. Jubel brandet auf.
Großer
Beifall für einen starken Effekt
Nach einem orchestralen
Intermezzo kehrt Kaufmann zurück. Und die Textzeile „Ridi, Pagliaccio“ lässt
nun erkennen, dass Auszüge aus Ruggero Leoncavallos „Der Bajazzo“ gegeben
werden. Einen Programmzettel oder eine Ansage der Stücke gibt es nicht. In
„Vesti la giubba“, einem Paradestück berühmter Tenöre, lässt Kaufmann mit
Schmelz, Biegsamkeit und Kraft zugleich keine Wünsche offen. Dann erscheint
eine Sängerin im himbeerroten Kleid: Rachel Willis-Sørensen. Und auch ihre
Arie lässt sich identifizieren: „Mi chiamano Mimì“ – so stellt sich die Mimi
im ersten Akt von Puccinis „La Bohème“ vor. Darauf vereinen sich beide zum
Duett „O soave fanciulla“ mit überwältigender Klangfülle in den
Forte-Ausbrüchen und zartem Schmelz in den Piano-Passagen. Als Bühnenprofis
bauen sie eine kleine Spielszene ein, verschwinden als Liebespaar Mimi und
Rodolfo Hand in Hand und singen den ekstatischen Beschluss des Duetts hinter
der Bühne. Starker Effekt, großer Beifall!
Beim folgenden
orchestralen Intermezzo setzt heftiger Regen ein. Einige Zuschauer flüchten
unter den großen Baum, andere öffnen die Schirme.
In der Pause ist
Unmut zu vernehmen: Auswärtige Besucher, die wegen des Stars erstmals nach
Benediktbeuern gekommen sind, wundern sich, dass es trotz der beträchtlichen
Ticketpreise überhaupt kein Regenmanagement gibt. Andere vermissen Angaben
zum Programm: „Ich kenne mich in der Klassikwelt jetzt nicht so gut aus. Ich
würde schon gerne wissen, was die da singen…“
Berühmter
Sänger sagt Stücke an und sammelt Sympathiepunkte
Offenbar
wurde diese Kritik auch hinter die Bühne getragen. „Ich wusste nicht, dass
Sie gar nicht erfahren, was wir hier machen“, entschuldigt Kaufmann ein
Versäumnis, das nicht seines ist, als er die Bühne erneut betritt. Und nun
sagt er die Stücke an. Als Sänger hat der Tenor vom ersten Ton an voll
gepunktet, nun gibt es Sympathiepunkte obendrauf.
Zum Schluss
doch noch ein Sommernachtstraum
Der zweite Teil sei nun der
„leichten Muse“ gewidmet, auch wenn diese alles andere als leicht sei,
erklärt Kaufmann und führt charmant durch das Programm, in dem ein
Operetten-Highlight auf das nächste folgt. „Freunde, das Leben ist
lebenswert“ aus Lehars „Giuditta“, „Treu sein, das liegt mir nicht“ aus
Johann Strauss’ „Eine Nacht in Venedig“, das Duett „Wiener Blut“, das Duett
„Lippen schweigen“ – alles in herrlichster Operettenseligkeit.
Mit
dem Tenor-Hit „Nessun dorma“ aus Puccinis „Turandot“ eröffnet Jonas Kaufmann
den umfangreichen Zugabenblock und erntet stehende Ovationen. Ganz am
Schluss wird’s doch noch ein Sommernachtstraum.
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