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Die Presse, 01.12.2022 |
Walter Weidringer |
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Giordano: Andrea Chenier, Wiener Staatsoper, ab 30.11.2022
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„Andrea Chénier“ in der Staatsoper: Mehr Leidenschaft, bitte! |
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Zur Wiederaufnahme von Giordanos Oper mit Jonas Kaufmann, George
Petean und Maria Agresta.
„La fiamma consueta“, die
altgewohnte Flamme möge ihm die Dichtkunst als höchste Göttin nochmals
gewähren: So fleht der Poet in seiner letzten Stunde, in der er noch den
„eisigen Atem des Todgeweihten“ in einen Reim verwandeln will. Während der
(erfundene) Maler Cavaradossi in Puccinis „Tosca“ vor der Hinrichtung sich
in verzweifelter Sehnsucht nach der Geliebten verzehrt, beschwört der
(historische) Dichter Chénier in derselben Lage erst recht seine Kunst: So
weit der Welt entrückt wünschte sich sogar der Verismo noch seinen Helden –
in Umberto Giordanos packender Revolutionsoper „Andrea Chénier“,
uraufgeführt 1896, vier Jahre vor „Tosca“.
Jonas Kaufmanns eigene
Flamme mag diesmal etwas sparsamer gebrannt haben, eine noch nicht ganz
überstandene Erkältung forderte Tribut. Aber man darf nach wie vor sicher
sein, dass Chéniers poetische Ader sich bei ihm auch im Gesang mitteilt und
nicht in Kraftmeierei untergeht. Wie eh und je macht er eine heikle Stelle
zu einem Höhepunkt, bei der berühmte Kollegen sogar im Plattenstudio
geschummelt haben: Das hohe As bei „Ora soave“ im großen Duett setzt er im
Pianissimo an und weiß es fulminant zu steigern. Mit Recht bejubeln die Fans
alle vier Nummern dieses Chénier, selbst wenn sein baritonaler Tenor noch
ein bisschen müder und rauer tönt als zuletzt und man sich mehr Rundheit und
Schmelz wünschte. ............
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