Kleine Zeitung, 2.12.2022
Thomas Götz
 
Giordano: Andrea Chenier, Wiener Staatsoper, ab 30.11.2022
Auch Jonas Kaufmann kann das nicht retten
 
Große Stimmen machen noch keinen großen Opernabend. Den Beweis liefert die Wiederaufnahme von "Andrea Chenier".

Vielleicht war es die Schattenseite des Repertoiretheaters, die an diesem Abend sichtbar wurde. Man hebt ein Stück auf die Bühne, das seit 1981 im Fundus verstaubt, lädt einen Stargast ein, probt ein bisschen und schreibt "Wiederaufnahme" auf den Programmzettel: Frisch poliert, soll das heißen. Und wenn von der ursprünglichen Regie nur noch Spurenelemente übrig sind, schreibt man vorsichtig "nach einer Inszenierung von ..." auf den Zettel, als gälte es, Gewährleistungsansprüchen des Künstlers die Grundlage zu entziehen. Bei Umberto Giordanos "Andrea Chenier", den die Staatsoper zur 120. Reprise exhumierte, half nicht einmal der Name Jonas Kaufmann, die Schwächen zu überdecken. Träge schleppte sich der Abend dahin, von Francesco Lanzillotta spannungsfrei und unentschlossen dirigiert. Der Chor machte dem Haus weder gesanglich noch darstellerisch Ehre. Von der individuellen Führung der Charaktere durch Otto Schenk, die Kritikern einst aufgefallen war, ist keine Spur mehr zu sehen.

Weil auch Jonas Kaufmann nicht seinen: besten Abend hatte, blieb es am Ende dein Bösewicht Gerard überlassen, gelegentlich so etwas wie Begeisterung im Haus zu wecken. George Petean sang den innerlich zerrissenen Revolutionär und hoffnungslos Liebenden mit jener Leidenschaft, die Giordanos Werk zum Leben erwecken hätte können. Der Frau, die den beiden Herren den Kopfverdreht, Maria Agresta in der Rolle der Maddalena, hätte man für ihr Staatsoperndebüt einen gelungeneren Abend gewünscht. Janas Kaufmann hatte keine Indisposition ankündigen lassen, doch klang seine Stimme belegt und angestrengt. Mit seinem samtweichen, dunklen Timbre, den sicheren Ausbrüchen in der Höhe und einer Bühnenpräsenz, die an diesem Abend vergeudet wirkte, gewann er das ausverkaufte Haus trotzdem. Das etwas enttäuschte Publikum schob die Hauptschuld an dem matten Gesamteindruck mit Recht dem Dirigenten zu.













 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
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