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Der Standard, 2. Dezember 2022 |
Stefan Ender |
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Giordano: Andrea Chenier, Wiener Staatsoper, ab 30.11.2022
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Wiener Staatsoper: "Andrea Chénier" mit Jonas Kaufmann |
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Trotz Längen und inszenatorischer Mängel besticht die
Revolutionsoper durch erfrischenden Gesang
Es gibt
dreistündige Opernaufführungen, bei denen man am Ende der zweiten Pause den
Eindruck hat, man befinde sich seit mehreren Tagen im Haus. Wobei die
Wiederaufnahme von Umberto Giordanos Revolutionsoper Andrea Chénier in der
Staatsoper im Großen und Ganzen eine solide Angelegenheit war.
Gut:
Die rund 40 Jahre alte Inszenierung (nach Otto Schenk) ist szenisch
abwechslungsarm und bietet anfangs einen Kostümrausch von ernüchternder
Wirkung. Francesco Lanzillotta war als Dirigent kein Quell der Inspiration,
hielt den Laden aber einigermaßen zusammen. Das Staatsopernorchester wirkte
nicht gerade überprobt, selbstverständliche Souveränität klingt anders. Die
nahende Meistersinger-Premiere scheint substanzielle Kräfte zu binden.
Jonas Kaufmann präsentierte seinen Tenor in der Titelpartie wie eine
kostbare, schutzbedürftige Antiquität von edler Faktur und schlankem Korpus,
Farbton Nussbaum poliert. Der Startenor deckelte seine Dynamik zumeist bei
einem milden Forte.
Strahlende hohe Bs Immer genau dann, wenn man
sich nach einem etwas forscheren Vokalvorgehen sehnte (Stichwort: Vittorio
Grigolo), haute der 53-jährige Kaufmann jedoch ein strahlendes hohes B raus.
Auch Kunststücke wie ein endloses, aus dem Pianissimo ins Fortissimo
prosperierendes hohes As ("Ora soave" im Zweiten Bild) machten staunen.
An der Seite des Deutschen setzten auch Maria Agresta (als Maddalena)
und George Petean (als Gérard) primär auf Verlässlichkeit. Als um Leib und
Leben bedrohte Aristokratin gefiel die Italienerin vor allem mit
gefühlvollen lyrischen Kantilenen. Der helle, ebenmäßige Bariton des Rumänen
passte besser zu den servilen Anfängen der Figur als zum flammenden
Revoluzzertum.
Schöne Momente bot Isabel Signoret als Bersi; Monika
Bohinec drückte als opferbereite Oma Madelon angenehmerweise einmal nicht
voll auf die Tube. Fast erfrischender als Kaufmann: Jungspund Jusung Gabriel
Park als Schmidt. Jubel.
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