|
|
|
|
|
Wiener Zeitung, 17.08.2020 |
Christoph Irrgeher |
|
Schubert: Die schöne Müllerin, Grafenegg, 16. August 2020
|
Trocken, aber tränenreich |
|
Grafenegg: Nach dem verregneten Festival-Start rührte am Sonntag Jonas Kaufmann. |
|
Ausschnitt: ...und am Sonntagabend dann überhaupt
Kaiserwetter: Jonas Kaufmann, der Star unter den Seelenbalsam-Tenören, gab
mit dem Klavierbegleiter-Doyen Helmut Deutsch die tränenreichen Lieder von
der "Schönen Müllerin". Fragt sich natürlich: Wie sinnvoll ist Schuberts
Kammermusik auf der Freiluftbühne? Nun: Jonas Kaufmann gelingt es (wohl auch
dank der dezenten Verstärkung), den Zauber des Intimen greifen zu lassen.
Statt die große Opernpose zu bemühen, spürt er der seelischen Feinmechanik
des Protagonisten nach. Natürlich: Da avanciert er auch zum Heißsporn, der
einen vermeintlichen Liebestriumph herausposaunt ("Mein!"). Sobald sich die
Jung-Müllerin aber lieber dem Jäger zuwendet, gewinnt dieser Schwärmer an
dunkelgrauen Facetten und lässt nicht nur Freitodgelüste erkennen, sondern
auch einen galligen Sarkasmus nach Art des Otello ("Mit dem grünen
Lautenbande"). Vor allem berückt an diesem Abend, beschwingt und
unprätentiös von Helmut Deutsch begleitet, wieder einmal Kaufmanns
Alleinstellungsmerkmal: Der offen gehauchte, gaumige Spitzenton, honigsüß
anschwellend und von einem sanften Vibrato durchbebt. Ein Ton, dessen
Schönheit mit seiner Fragilität korrespondiert -und nicht immer ganz sitzen
muss, um den Hörer doch zu treffen. Schlussendlich drei Schubert-Zugaben -
und gellende Bravo-Rufe der Fans.
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|