Neue Presse, 18.02.2019
Von Henning Queren
 
Konzert, Hannover, Kuppelsaal, 17. Februar 2019
 
Tenor-Power in Hannover Jonas Kaufmann im Kuppelsaal
 
Der Startenor im Kuppelsaal: Jonas Kaufmann servierte mit seiner besonderen Stimme französische Opernarien. Das Publikum war begeistert.
 
Große und nicht ganz so große Pralinenschachteln werden auf die Bühne gereicht, kleine Briefchen, Tüten voller Geschenke und Blumen, Blumen, Blumen. Fans, Fans, Fans. Das sind dann die Klassikkonzerte der besonderen Art, wenn dann der Sänger noch seine Frackschleife abnimmt und der Sangespartnerin um den Hals legt – um im Duett mit ihr Offenbachs „Barcarole“ zu schmachten.

Jonas Kaufmann ist der zur Zeit gefragteste Tenor, der Kuppelsaal ist ausverkauft, die Tickets kosten bis zu 160 Euro. „L’Opera“ heißen Programm und CD mit denen Kaufmann zur Zeit auf großer Tour ist.

Und seinem Publikum nichts weniger als das „O Paradis“ verspricht, gleich in der ersten Arie aus Meyerbeers „Afrikanerin. Ein Paradies, das am Ende der Arie mit entsprechender Kraftanstrengung erreicht wird. Das zündet noch nicht, da muss noch mehr kommen. Der Applaus geht gerade über die Höflichkeitsschwelle und reicht nicht einmal bis zur Tür, als Kaufmann abgeht.

Aber alles ist steigerungsfähig. Die „Blumenarie“ aus „Carmen“ zeigt dann die Richtung auf, die zuverlässige Kraftentfaltung bei den Steigerungen, das klappt voller Energie: Kaufmann ist der Tesla unter den Tenören.

Französische Arien stehen an diesem Pro-Musica-Abend im Mittelpunkt. Bei der Powerpartie „Le Cid“, dem „O souverain“, an dem sich so ziemlich alle Größen von di Stefano bis Domingo versucht haben, zeigt die Eigenheit von Jonas Kaufmann, die seine Fans so nachhaltig goutieren: Die Stimme ist deutlich tiefergelegt, gibt dem Ganzen immer eine baritonale Färbung. Und mit welcher Versiertheit er die hohen Töne durch Falsettanteile anfärbt wie als Gounods „Roméo“, das zeugt hier schon von besonderer Metierbeherrschung.

Richtig Fahrt nimmt das Ganze dann vor der Pause auf, im Duett mit Sängerin Anita Rachvelishvili stehen beide als Werther und Charlotte auf der Bühne. Die Aufschwünge klappen und die Stimme lässt den gewünschten Schmelz aufscheinen. Kaufmann ist eben ein Bühnentenor, der dann am besten ist, wenn er in einer Handlung ausagieren kann.

Wie im letzten Stück vor den Zugaben. Das ist dann auch künstlerisch der Höhepunkt des Abends – das Schlussduett aus „Carmen“, Liebe, Eifersucht und tödliche Leidenschaft pur. Kaufmann läuft zur Hochform auf, auch schauspielerisch, als er die Sängerin mit einem imaginären Messer erdolcht.

Das Orchester ist das PKF – Prague Philharmonia, das unter Leitung von Jochen Rieder etwas über den Standard üblicher Tournee-Orchester hinausragt und den Abend runder macht – durch schöne Schmelzer wie Massenets „Gebet einer Jungfrau“.

Praktischerweise gibt dieses Konzert auch einen Vergleich zu heimischen Kräften: Eric Laporte in der Staatsoper schlägt sich mit seiner helleren Stimme als Berlioz-Faust gar nicht schlecht im „Merci, doux crepuscule“ – während Kaufmann dagegen schon fast mephistotelisch diese Partie ausfüllt.

Verführt hat er im Kuppelsaal jedenfalls alle Fans, Riesenjubel, Standing Ovations und als Zugabe noch eine Kaufmann-Spezialität mit der Werther-Arie. Ganz zum Schluss legt er die Frack-Jacke ab, man ist ja unter Freunden, und widmet sich „Hoffmanns Erzählungen“. Und mit dieser Stimme kann er richtig erzählen.


















 
 
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