SZ, 9.1.2019
Egbert Tholl
 
Mahler: Das Lied von der Erde, München, 8. Januar 2019
Wahrheitssucher
 
Ausschnitt:
Erstaunlich, wie sich Jonas Kaufmann wenige Tage nach seiner Hochzeit in diese Lieder der Sehnsucht und Herzenseinsamkeit hineinwirft. Nie strebt er Perfektion oder glatte, stimmliche Meisterschaft an. Nein, er sucht eine brüchige Wahrheit in der Interpretation. Ein Beispiel: Im "Trinklied vom Jammer der Erde" kommt drei Mal der Vers "dunkel ist das Leben, ist der Tod". Das erst Mal gestaltet Kaufmann ihn aus einem großen Weh heraus offen, beim zweiten Mal als vorläufiges Resümee, beim dritten Mal, nach einer Passage voller Hohn, wird der Vers Erkenntnis. Registerwechsel nimmt Kaufmann als Ausdrucksmittel, jedes Wort ist gedacht. Vor allem die Lieder am Rande des Abgrunds geraten ihm wunderschön. Im "Abschied", nach dem langen Orchesterzwischenspiel, kehrt seine Stimme wie aus dem Nichts zurück, ein heiserer Hauch, extrem kontrollierte Zartheit. Ach.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
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