Allgemeine Zeitung Mainz, 12.02.2018
Von Klaus Ackermann
 
Wolf: Italienisches Liederbuch, Frankfurt, Alte Oper, 10. Februar 2018
Sopranistin Diana Damrau und Tenor Jonas Kaufmann mit Hugo Wolfs „Italienischem Liederbuch“ in der Alten Oper Frankfurt
 
Die Liebe ist eine Himmelsmacht. Auch für Hugo Wolf und seinen Textdichter Paul Heyse, die ihr im „Italienischen Liederbuch“ ein Denkmal gesetzt haben. Mit den 46 vertonten Miniszenen aus südlichen Gefilden gingen Sopranistin Diana Damrau und Tenor Jonas Kaufmann in der ausverkauften Alten Oper Frankfurt auf Erfolgskurs. Dritter im Bunde war der Wiener Helmut Deutsch, Grandseigneur der Liedbegleiter am Klavier.

Als legitimer Nachfolger in Sachen Kunstlied gilt der Wagner-Verehrer und Brahms-Verächter Hugo Wolf (1860-1903), dessen „Italienisches Liederbuch“ die Weltklasse-Sänger mit bayerischen Wurzeln dramaturgisch aufgepeppt haben. Aus kleinen Liedgebilden wird im Dialog der Stimmen große Oper, auf zwei Bühnen-Quadratmetern mit Klavierbegleitung zelebriert.

Wechselhafte emotionale Wetterlagen

Das Hohelied auf weibliche Schönheit, auf Liebessehnsucht, Leidenschaft und daraus resultierendem Konflikt hat Wolf mit einer Musik geadelt, die dramatisch aufbegehrt, aber auch feinste seelische Regungen bezeugt. Und in langen Nachspielen nachbebt, für die sich Pianist Deutsch viel Zeit lässt, ein makelloser Begleiter, immer auf Höhe der wechselhaften emotionalen Wetterlagen. Die zeigt Damrau schon äußerlich an – mit grüner Stola auf dem langen Schwarzen, wenn sie von ihrem Liebsten, einem Jäger, schwärmt. Rosa ist die Stola, wenn aus Liebe Leidenschaft wird, schwarz, wenn Seelenpein droht und Tränen im breiten Strom fließen.

Dazu ein lyrischer Sopran, der im Auf und Ab dieses Seelentrips viele kostbare Töne aus tiefstem Inneren beisteuert, aber auch kokett zu flirten versteht. Einzig die Text-Verständlichkeit leidet zuweilen unter dem dramatischen Druck, den Diana Damrau aufzubauen versteht.

Dagegen ist Kaufmann im Frack auch stimmlich ein Beau vom Scheitel bis zur Sohle, der in Momenten des Annäherns und Abweisens theatralisch die Hände mit im Spiel hat, ein Tenor, der noch im Falsett nachhaltig zu leiden versteht, aber schon schnell sich wieder auf die Schönheit der Liebsten besinnt. Bei seiner permanenten Balz wäre sogar ein wenig mehr Italianata möglich gewesen, die der tenorale Hochkaräter mühelos draufhat. Schließlich sind es Szenen aus dem italienischen Volksleben.

Die zudem eine erstaunliche Wendung nehmen: Wenn Damrau – wieder mit rosa Stola – süffisant die Registerarie ihrer vielen Liebhaber singt, ist das zu Lebzeiten des Komponisten Wolf ein nahezu emanzipatorischer Akt. In seinem „Italienischen Liederbuch“ streben die Liebenden auch himmelwärts. Vielleicht ein Grund, dass der 1989 entdeckte Asteroid Nummer 5177 den Namen „hugowolf“ erhielt … Dass auch für andere Komponisten die Liebe eine Himmelsmacht war, offenbaren Schumanns „Unterm Fenster“ und Mendelssohns „Gruß“ als Zugaben.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
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