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Deutschlandfunk Kultur, 23.11.2018 |
Von Franziska Stürz |
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Verdi: Otello, Bayerische Staatsoper, ab 23. November 2018
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Herrliche Musik mit grauem Schleier |
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Verdi machte Shakespeares Tragödie „Otello“ zum Opernklassiker. Und diesen Klassiker dirigiert nun Kirill Petrenko in seiner letzten Saison an der Bayerischen Staatsoper. Er überzeugt musikalisch. Amélie Niermeyers Regie sorgt aber auch für einige fade Momente. |
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Mit großem Respekt wagt sich Jonas Kaufmann in München nun zum zweiten Mal
an die Partie des Otello. Am Pult steht Kirill Petrenko in seiner letzten
Saison als GMD der Bayerischen Staatsoper.
Musikalisch
außergewöhnlich ist diese Münchner Neuproduktion auch wegen Anja Harteros
als Desdemona und Gerald Finley als Jago. Alle vier geben Verdis Spätwerk
eine neue, ungewohnte Note und lassen so das Publikum aufhorchen. Jonas
Kaufmann setzt auch als introvertierter Otello auf leise, gequälte Töne,
Anja Harteros hält mit den energischen, dunklen einer starken Frau dagegen.
Und Gerald Finley hat so gar nicht das typische, dämonische Timbre für den
intriganten Bösewicht.
Kirill Petrenko lässt Chor und Orchester der
Bayerischen Staatsoper zu Beginn im Gewittersturm ordentlich grollen, sucht
dann aber auffallend oft nach neuen Nuancen und zarten Seelentönen in Verdis
Partitur. Manchmal fällt dadurch die Spannung leider ab, zum Beispiel bei
Jagos teuflischem Credo.
Andererseits sind für eine gewisse Lähmung,
die sich im Laufe des Abends breit macht, auch Amélie Niermeyers Regie und
die gesamte Optik dieses Otellos verantwortlich. Die Regisseurin sieht keine
Notwendigkeit, den kulturellen Unterschied zwischen der Titelfigur und den
anderen Protagonisten zu thematisieren. Niermeyer interessiert die
Psychologie des heimkehrenden Kriegers, der seine Aggressionen nicht
kontrollieren kann.
Seltsam, dass sie ihren Otello trotzdem als graue
Maus im schlecht sitzenden Flanellanzug zeigt, der mit Hosenträgern und
Krawatte aussieht wie ein Buchhalter. Dieser unscheinbare Typ kann so gar
nicht packen, und so versanden auch die schauspielerischen Anläufe der
anderen Protagonisten in der Bedeutungslosigkeit.
Ein grauer Schleier
legt sich über den Gesamteindruck Jago ist viel zu nett und hüpft lustig
auf dem Bett herum, das neben einem Sessel der einzige
Einrichtungsgegenstand in Christian Schmidts mittlerweile nicht mehr
besonders neuem weißem Altbauzimmer ist. Dieser Raum wird verkleinert und
vergrößert, gespiegelt und gedreht. Er bleibt ein weißes Zimmer, in dem die
Figuren mit sich alleine sind, oder aneinander vorbeigehen. Desdemona
verbrennt sich am Kaminfeuer bedeutungsschwer wiederholt die Finger, vor
ihrem Tod zieht sie lediglich motivationslos ihren glänzenden Morgenmantel
an und wieder aus. Wie ein grauer Schleier legt sich die Optik über den
Gesamteindruck dieses Opernabends und hinterlässt trotz herrlicher
musikalischer Momente ein Gefühl der Fadheit. Schade! |
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