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Abendzeitung, 21.07.2016 |
Robert Braunmüller |
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Festspiel Gala, München, 20. Juli 2016
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Gala mit Jonas Kaufmann und Ludovic Tézier |
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Opernfestspiele: Ludovic Tézier und Jonas Kaufmann begeistern mit
Arien und Duetten im Nationaltheater |
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Vergesst die Drei Tenöre! Ade, ihr Sopranistinnen! Hier kommt das neue
Traumpaar der Oper: Jonas Kaufmann, der dunkel timbrierte Held und Ludovic
Tézier, das Elementar-Ereignis. Mit Arien und Männerfreundschaftsduetten für
Tenor und Bariton bescherten sie dem ausverkauften Nationaltheater einen
echten Gala-Abend, den keiner so schnell vergessen wird, der dabei war.
Die beiden Herren und der Dirigent Marco Armiliato strahlten allerbeste
Laune aus. In alleransteckendster Weise: So, dass es nicht profimäßig
gespielt, sondern echt herüberkam. Das Trio ergänzte sich prächtig: Kaufmann
gab den Lockeren, der den etwas schüchternen Tézier mitriss. Wirklich zu
arbeiten schien nur Armiliato: Seine Haare waren schon zur Pause
durchgeschwitzt.
Wenn sich zwei Herren anschmachten
Wie es sich gehört, kam das Allerbeste als Kirsche auf dem Sahnehäubchen
zum Schluss: Franz Lehárs „Dein ist mein ganzes Herz“. Kaufmann und Tézier
schmachteten sich mit dieser Edelschmonzette abwechselnd an: der
französische Bariton in der tiefen, der deutsche Tenor in der hohen Lage.
Bei der Wiederholung die Überraschung: Tézier hat auch eine mühelose,
tenorale Höhe. Den Schluss gab es als Duett – und: Das Nationaltheater stand
Kopf.
Zweieinhalb Stunden davor begann das Ereignis mit dem Duett aus
dem vierten Akt von Giacomo Puccinis „La bohème“. Kaufmann betörte Kaufmann
mit seinem gehauchten Piano, das Gesangsexperten bis heute verstört und die
Fans in die Knie sinken lässt. Tézier hielt sich da noch etwas zurück.
Der stürzte sich dafür mit kraftstrotzender Verve auf den Monolog
„Nemico della patria“ aus Umberto Giordanos „Andrea Chenier“. Kaufmann legte
zwei Arien nach, die perfekt zu seiner Stimme passen: die Romanze „Cielo e
mar“ aus Amilcare Ponchiellis „La Gioconda“ und das „Lamento di Federico“
aus Francesco Cileas „L’Arlesiana“.
Männerfreundschaft,
warmes Timbre, umwerfende Kraft
Beide Arien verbinden eher
lyrische Momente mit Kraftausbrüchen. Nur empfindsame Helden schaffen das –
Kaufmann ist der Einzige, der die hitzige Musik der Verdi-Nachfolge im
Moment angemessen interpretiert: hochemotional, aber ohne kitschige
Schluchzer.
Tézier singt eine Spur weniger subtil als Kaufmann. Aber
er hat ein warmes Timbre und eine umwerfende Kraft. Die stellte er in der
Arie des Rigoletto oder dem Monolog aus „Ernani“ nicht nur zur Schau,
sondern in den Dienst einer Figur.
Die Freund- und Feindduetten aus
Verdis „Don Carlos“ und „La forza del destino“ stellen die beiden Sänger so
lebendig auf die Bühne, dass es eigentlich keine Szene braucht.
Normalerweise kühlt bei solchen Arienabenden die Stimmung während der
Orchesterstücke immer herunter. Marco Armiliato und das Bayerische
Staatsorchester erreichten das Gegenteil: Nach dem doch recht schalen
Bacchanal aus Camille Saint-Saëns „Samson et Daliah“ tobte das Publikum, als
habe Kaufmann eben ein hohes B geschmettert.
Als Zugabe sang der
Liebling des Münchner Publikums unter anderem Turridus Abschied aus
„Cavalleria rusticana“. Und da geht einem schon durch den Kopf: Leider sind
in München die Puccini-Zeitgenossen so schlecht angeschrieben.
Immerhin: Im März kommt Umberto Giordanos Guillotinendrama „Andrea Chenier“
von 1896 im Nationaltheater heraus. Ohne Ludovic Tézier zwar, aber mit Jonas
Kaufmann. Die Vorfreude darauf hat diese umwerfende Gala beträchtlich
gesteigert.
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