Puccini - Konzert in Essen, 6. April 2016
Große Stimmen - Jonas Kaufmann singt Puccini "Nessun dorma"
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Seit einigen Jahren zählt Jonas Kaufmann nun schon zu der Topriege der
internationalen Opernwelt und begeistert an allen bedeutenden Opernhäusern
im italienischen, französischen und deutschen Repertoire. Die internationale
Presse kürte ihn sogar zum "König der Tenöre", und zahlreiche Auszeichnungen
- er erhielt unter anderem den begehrten New Yorker Opera News Award 2011
und wurde allein drei Mal in den vergangenen sechs Jahren mit dem Echo
Klassik geehrt - belegen, dass dieses Urteil durchaus seine Berechtigung
hat. So verwundert es nicht, dass die Karten für sein Konzert in der
Philharmonie Essen relativ schnell ausverkauft waren. Und die Erwartungen
der Zuschauer wurden in der Reihe Große Stimmen auch keineswegs enttäuscht,
bot Kaufmann doch mit absoluter Hingabe einen Großteil der Höhepunkte, die
Puccini in seinen Opern für die Tenorstimme komponiert hat.
Dabei
folgte Kaufmann im Programmablauf der zeitlichen Reihenfolge, in der die
jeweiligen Werke uraufgeführt worden sind. Zum Einstieg gab es mit der
Staatskapelle Weimar unter der Leitung von Jochen Rieder das Preludio
sinfonico A-Dur, welches Puccini noch während seiner Studienzeit am
Mailänder Konservatorium 1882 komponierte. Sehr differenziert arbeitete
Rieder mit der Staatskapelle die melodische Emotionalität dieses Werkes
heraus, das bereits die Ausdruckskraft der Intermezzi in Puccinis späteren
Opern atmet und nachvollziehbar macht, wieso diese Musik auch zur
Untermalung von Filmen so begehrt ist. Anschließend präsentierte Kaufmann
die Arie des Roberto aus Puccinis erster Oper Le Villi, die ursprünglich als
Einakter für einen Kompositionswettbewerb 1883 vorgelegt worden war, bald
aber mit großem Erfolg zu einem beinahe abendfüllenden Zweiakter erweitert
wurde. Roberto sehnt sich in der Arie "Torna ai felici dì" nach der
glücklichen Zeit mit seiner verstorbenen Verlobten Anna zurück, die er für
eine andere verlassen hatte. Kaufmann glänzte in seiner Interpretation mit
bruchlosem Wechsel von ganz zarten Tönen, die Robertos Schmerz spürbar
machen, zu einem furiosen Forte am Ende der Arie.
Gleiches galt auch
für die große Arie des Edgar aus der gleichnamigen Oper. Wie Roberto hat
auch Edgar seine Geliebte, Fidelia, für eine andere Frau verlassen, und
sehnt sich nun nach der ehemaligen Geliebten zurück. Doch während Roberto
mit den Willis in den Tod tanzt und somit wieder mit seiner Anna vereinigt
wird, wird Fidelia am Ende von der Rivalin getötet, und Edgar bleibt allein
zurück. Nach diesen beiden eher unbekannten Frühwerken folgten nun Auszüge
aus den Opern, die auch heute noch fester Bestandteil im Opernrepertoire
sind. Den Anfang machte Manon Lescaut, mit der Puccini 1893 der
internationale Durchbruch als Komponist gelang. Bei der großen Arie des Des
Grieux aus dem ersten Akt, "Donna non vidi mai" hatte man jedoch
stellenweise den Eindruck, dass Kaufmann stimmlich doch noch nicht ganz
auskuriert war. Zwar kamen die hohen Töne mit tenoralem Schmelz und ließen
keine Wünsche offen, aber alles in allem wirkte er hierbei doch ein wenig
angestrengter und schien, gegen ein Kratzen im Hals ankämpfen zu müssen.
Nach der Pause sorgte er dann für eine gewisse Komik im Saal. Rieder
hatte mit dem Vorspiel zum 3. Akt aus Tosca begonnen, das eigentlich nahtlos
in Cavaradossis berühmte Arie "E lucevan le stelle" übergehen sollte. Rieder
zelebrierte das Vorspiel und dehnte es immer weiter aus, weil er eigentlich
auf Kaufmanns Auftritt wartete. Doch dieser kam nicht. So musste Rieder dann
schließlich die Bühne verlassen, um nachzuschauen, wo Kaufmann denn bleibe,
und dieser gestand dann dem Publikum, dass er es hinter der Bühne wirklich
nicht gehört habe. Doch den kleinen Patzer nahm Kaufmann mit Humor und
fragte Rieder beinahe schelmisch, ob er jetzt noch einmal auftreten solle.
Allerdings blieb er jetzt auf der Bühne und löste in der großen Arie mit
strahlenden Höhen und großer Emotion einen weiteren Begeisterungssturm im
Publikum aus. Auf diesem Niveau ging es dann auch weiter, bis zum Ende die
schon im Titel des Konzertes angekündigte Arie des Kalaf aus Turandot,
"Nessun dorma", erklang. Auch hier war es beim letzten "vincerò" nicht nur
Kalaf, der von seinem Sieg überzeugt war. Kaufmann riss mit seiner
Interpretation das Publikum regelrecht von den Sitzen.
Nach dieser
Reise durch die durchweg anspruchsvollen Arienhöhepunkte wirkte Kaufmann
erneut ein wenig mitgenommen. Aber er ließ es sich nicht nehmen, als Zugabe
auch noch Cavaradossis Auftrittsarie "Recondita armonia" zu präsentieren.
Wer nun, vielleicht mit Blick auf die CD, gehofft hatte, noch weitere
Puccini-Höhepunkte zu erleben, wurde nicht erhört. Stattdessen bot Kaufmann
"Ombra di nube" von Licinio Refice, ein sehr gefühlvolles Lied, das Kaufmann
im Rahmen seines Albums It's me - Jonas Kaufmann wieder ins Bewusstsein der
Hörer gebracht hat. Hier begeisterte Kaufmann mit wunderbar zartem Piano.
Eigentlich wäre das ein passender Abschied gewesen, aber das Publikum wollte
seinen Liebling auch nach diesen zwei Zugaben noch nicht gehen lassen, und
so gab es zum Abschluss noch "Non ti scordar di me" von Ernesto di Curtis,
ein Lied, das Beniamino Gigli 1935 erstmals im gleichnamigen Film sang und
später von namhaften Tenören wie Mario Lanza und Enrico Pavarotti
interpretiert wurde. Die Staatskapelle Weimar erwies sich an diesem Abend
unter der Leitung von Jochen Rieder als kongenialer Partner und glänzte in
den Intermezzi und Vorspielen mit enormer Präzision und transparentem Klang.
FAZIT Jonas Kaufmann stellte an diesem Arienabend
unter Beweis, dass er ein Ausnahmetalent ist, und begeisterte das Publikum
auf ganzer Linie.
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