Der Neue Merker
Gerhard Hoffmann
 
Puccini-Konzerte: Frankfurt, Alte Oper, 14.10.2015
 
FRANKFURT: JONAS KAUFMANN – Puccini-Recital
 
Jonas Kaufmann ist zweifellos nicht nur der beste Tenor der Gegenwart, sondern auch der Vielfältigste! Bereits mit großem Erfolg an der Scala Milano erprobt, tourt nun der erfolgreiche Sänger mit seinem Recital mit ausschließlich Werken von Giacomo Puccini durch die Lande, gastierte nun auch in der Alten Oper und sorgte für ein, schon seit langem ausverkauftes Haus.

Es war erfreulich, Kaufmann bediente sich dabei nicht den bekannten Ohrwürmern des italienischen Meister-Komponisten, sondern zog u.a. weniger bekannte Werke vor. Zur Eröffnung des Programms bot Jonas Kaufmann die Arie des Roberto Ecco la casa…Torna ai felici di aus „Le Villi“. Sogleich wurde offenbar, der Sänger ist nicht nur Interpret, sondern auch ein hervorragender Charakter-Gestalter einer Rolle. Zur Arie Orgia, chimera dall´occhio vitreo des „Edgar“ setzte Kaufmann Emotionen, geballte Leidenschaften mit Gänsehauteffekt frei. Verkörperte er doch in beiden Partien ähnliche Figuren in Liebe entflammt zu einem elfenhaften Wesen, sodann im Widerstreit zu einer Hexe und einem Dorfmädchen. Grandios verstand es Kaufmann beide Partien höchst differenziert zu gestalten, vereinte brillante, strahlende Höhenausbrüche mit herrlichen, hingebungsvollen Piani.

Donna non vidi mai des schwärmenden Des Grieux nach der ersten Begegnung mit Manon Lescaut schenkt Kaufmann die wundervollen, melodiösen Kantilenen und im Gegensatz bei

Ah! Guai a chi la tocca den profilierten Gegensatz der Verzweiflung, in meisterhafter Vokalität ohne jegliches Sentiment. Tief berührt bar solcher grandioser, tenoraler Gestaltung ging man in die Pause.

Passend zur Arie erklangen jeweils im Wechsel zum Solisten die Preludes zu „Le Villi“, „Edgar“ sowie die Intermezzi zu „Manon Lescaut“, Madama Butterfly“ und „Suor Angelica“ vom begleitenden Orchester Staatskapelle Weimar farbig instrumentiert, präzise, klangvoll musiziert. Ausgezeichnet unterstrich der Dirigent Jochen Rieder orchestral die musikalischen Seelenlandschaften des Sängers und wurden lediglich getrübt, durch die zuweilen, allzu starken Klangeruptionen des Orchesters.

Übergehend nach dem Vorspiel zum 3. Akt „Tosca“ mit dem Glockenspiel der Kirchen des erwachenden Roms, folgte Cavaradossis E lucevan le stelle. Tiefberührend im Piano gesungen, die Erinnerung an vergangene Tage der Liebe sich allmählich in Verzweiflung steigernd, Tosca nie wieder zu sehen, diese Interpretation von Jonas Kaufmann ging unter die Haut. Ebenso bewegend, tenoral präzise ausgeleuchtet erklang die Klage des Dick Johnson Una parola sola…Or son sei mesi aus „La Fanciulla del West“.

Als Krönung des offziellen Programms gab Jonas Kaufmann Nessun dorma aus „Turandot“ zum Besten, sang diese Arie teils verhalten, inspiriert durch den Rollenaspekt, der Gefühlslage Calafs, sich steigernd in den finalen Höhenstrahl – einfach umwerfend! Die Menge tobte und es erschallte Bravo aus allen Kehlen.

Mit vier Zugaben bedankte sich der freudig erregte und bewegte Künstler: In anrührender Schlichtheit und dennoch mit Tiefgang erklang Recondita armonia aus „Tosca“. Dramatische, resignierende Akzente setzte Jonas Kaufmann dagegen mit Ch´ella mi creda aus der „Fanciulla“. Traumhafte Piani im Einklang mit der Leichtigkeit, dem Volumen des herrlichen Materials erklang Ombra di nube (Licino Refice). Mit Non ti scordar di me (Casalino/Ferro) in apart-vokalem Farbenspiel und tenoralem Schmelz verabschiedete sich Jonas Kaufmann endgültig vom jubelnden Publikum.

Fazit: Jonas Kaufmann versteht sein „Handwerk“, leistet Unvergleichliches, realisiert unterschiedlichste Charakteren in Souveränität und besten Ausdrucksformen. Ganz selbstverständlich klingen bei ihm Auszierungen, gepaart mit dem herrlichen dunklen Timbre, den herrlichen Piani, der vorbildlichen Legatokultur sowie den aufregend gestalteten, metallisch klingenden Höhen.

Dankbar für die Begegnung mit diesem Ausnahmekünstler, nahm man real betrachtet, nach dem Slogan „In der Kürze, liegt die Würze“, Gesangskunst allererster Güte von knapp 50 Minuten (incl. Zugaben) gelassen hin.


 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
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