Der Neue Merker, 6. Oktober 2015
Martina Bogner
 
Verdi: Aida, Bayerische Staatsoper, 4. Oktober 2015
München: Bayerische Staatsoper: „AIDA“, 04.10.2015
Die Inszenierung der „Aida“ von Christof Nel aus dem Jahr 2009 ist schlicht und nüchtern. Das Bühnenbild (Jens Kilian) ist von einer klaren Formensprache geprägt. Die Gebäudekulisse besteht im Wesentlichen aus mehreren hellen Quadern (zum Teil mit Öffnungen oder Durchgängen), welche variabel verschiebbar auf einer Drehbühne platziert sind und durch ihr kühles Erscheinungsbild für einen gewissen Grad an Abstraktion sorgen. Durch häufige Positionsveränderungen der Bauten sowie durch das Drehen der Bühne werden immer wieder neue Räume erzeugt und Ortsveränderungen dargestellt. Dem gegenüber ist die Personenführung der Protagonisten teilweise sehr zurückgenommen und oftmals über längere Zeit statisch. In der Triumphszene richtet die Inszenierung den Fokus insgesamt weniger auf den Triumph der Sieger als vielmehr auf dessen Kehrseite: das Schicksal der Unterlegenen. Dies ist ein durchaus möglicher und nachvollziehbarer Ansatz, zumal die Titelfigur der Oper schließlich selbst Angehörige des unterlegenen Volkes ist. Mit den ebenfalls eher schlicht gehaltenen Kostümen (Ilse Welter-Fuchs)werden die gesellschaftlichen Positionen der Personen betont, wenn etwa der König extrem hohe, an ein Podest erinnernde, goldfarbene Plateauschuhe trägt oder auch Amneris in der Triumphszene aufgrund ihrer ebenfalls sehr hohen Plateauschuhen die neben ihr in flachen Schuhen stehende Aida deutlich überragt. Auf die innere Haltung der Personen wird mit den Kostümen hingegen bei Ramfis und den Priestern angespielt, deren Äußeres – nicht zuletzt, weil sie Waffen um den Hals tragen und wie die übrigen Ägypter mit Brustpanzern ausgestattet sind –Assoziationen an Krieger weckt.

In der Vorstellung am 04.10.2015 bot Krassimira Stoyanovamit ihrem warmen, leuchtenden und farbenreichen Sopran eine facettenreiche und überzeugende Darstellungder Titelfigur. Sie brachte Aidas innere Zerrissenheit und Verzweiflung als Folge ihrer Liebe zu Radamès einerseits und der Liebe zu ihrem Vater, der Verbundenheit mit ihrem Volk sowie ihrer Sehnsucht nach der Heimat andererseits ebenso zum Ausdruck wie Aidas kämpferische Seite und innere Stärke. Jonas Kaufmann überzeugte mit einer ausdrucksvollen Darstellung als Radamès und meisterte die unterschiedlichen gesanglichen Anforderungen dieser Partie in beeindruckender Art und Weise. Besondere Hervorhebung verdient das Finale, das von beiden Protagonisten sehr intensiv und stimmlich grandios gestaltet wurde. Als Amneris beeindruckte Anna Smirnova mit dem riesigen Volumen ihres runden Mezzosoprans, der über eine strahlende Höhe und eine warme Tiefe verfügt. Auch sie zeigte durchgehend eine differenzierte, sensible Rollengestaltung. Für den erkrankten Christophoros Stamboglis übernahm dankenswerterweise Ain Anger die Partie des Ramfis und überzeugte mit seinem volltönenden, voluminösen und mit einer satten, dunklen Tiefe ausgestatteten Bass in jeder Hinsicht als machtbewusster und kriegerischer Oberpriester. Franco Vassallo gestaltete mit seinem runden, balsamischen Bariton ausdrucksstark die Partie des Amonasro. Marco Spotti sang mit kräftigem Bass gut die Rolle des Königs. Das homogene Solistenensemble komplettierten mit guten Leistungen Dean Power als Bote und Anna Rajah mit ihrem warmen Sopran als Priesterin.

Dan Ettingerleitete das Bayerische Staatsorchestersowie den stimmgewaltigen, klangschönen Chor und Extrachor der Bayerischen Staatsoper temperamentvoll. Am Ende großer Jubel für alle Beteiligten.



 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
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