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Münchner Merkur, 28. September 2015 |
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Verdi: Aida, Bayerische Staatsoper, 25. September 2015
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Von wegen Alltag |
Die Bayerische Staatsoper nahm „Aida" wieder auf — mit Jonas Kaufmann als Radamès
Auf den ersten Blick war die Wiederaufnahme von Verdis "Aida" an der
Bayerischen Staatsoper eine ganz normale Repertoirevorstellung. Wenn sich
dabei aber der Tenorissimo unserer Tage an eine neue Rolle wagt, hebelt das
eben doch fast zwangsläufig jeden Repertoire-Alltag aus — was man spätestens
merkt, wenn der frenetische Schlussapplaus gleich von zwei Kamerateams für
die Ewigkeit festgehalten wird.
Denn Jonas Kaufmanns erster
Bühnen-Radams war nach der groß beworbenen CD nicht nur von den Fans mit
Spannung erwartet worden, die vor dem Nationaltheater teilweise noch in
letzter Minute auf ein Ticket für die lang ausverkaufte Vorstellung hofften.
Der ägyptische Feldherr könnte in der Tat zu einer neuen Paraderolle des
Publikumslieblings werden, auch wenn er die Partie zunächst noch ein wenig
zaghaft angeht. Und hiermit ist nicht die Schlussphrase von „Celeste Aida"
gemeint, die er im Gegensatz zu manch egomanisch veranlagtem Kollegen nicht
fortissimo herausschleudert, sondern mit Verdis Segen dankenswerterweise im
Piano ausklingen lässt. Kaufmann wirkt als Zentrum der emotional
aufwühlenden Dreiecksgeschichte gerade im ersten Akt noch ungewohnt passiv,
gibt weniger den siegreichen Krieger als vielmehr einen introvertierten
Helden.
Ganz in seinem Element ist er dagegen nach der Pause, wenn
sich die Grand Opera zum intimen Kammerspiel wandelt, dem innigen
Liebesduett der ungewollte Verrat folgt, und er sich tenoral auftrumpfend
gegen die versammelte Priesterschaft stemmt. Eine wahre Wonne schließlich
das Schlussduett. Und das nicht zuletzt auch wegen Krassimira Stoyanova, wie
Kaufmann aus dem lyrischen Fach kommend, die ihm eine ideale Partnerin ist
und vor allem durch ihre vorbildliche Pianokultur zu berühren weiß. Für sie
ist die Aida ebenfalls eine neue Partie, die sie sich von der ersten Note an
vollkommen zu eigen macht. Anna Smirnovas Amneris setzt dem einen dramatisch
ausladenden Mezzo entgegen, der sich in den Ensembles ebenso mühelos
behauptet wie Franco Vassallos dominanter Amonasro. Eine herbe Enttäuschung
bleibt so einzig das arg unentschlossene Dirigat von Dan Ettinger, bei dem
die Partitur allzu oft in Routine versandet. |
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