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Der Neue Merker
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Peter Dusek |
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Massenet: Werther, Metropolitan Opera, 15. März 2014 |
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Die Met im Kino: WERTHER als Seelenkrimi. So aufregend kann Oper sein!
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Eine optimale Besetzung mit Jonas Kaufmann und Sophie Koch, ein engagierter
Dirigent namens Alain Altinoglu, der Jules Massenet in die Nähe des Tristan
stellt und eine spätromantisch-realistische Inszenierung von Richard Eyre
und Rob Howell, die mit Filmelementen und Naturstimmungen arbeitet – das
sind die Voraussetzungen für diese neue Jules-Massenet- Produktion, die
diesmal in der Serie „MET im Kino“ angeboten wurde.
Es beginnt schon
unkonventionell – mit einer Rückblende auf den plötzlichen Tod der Mutter,
die von Lotte einen Eid auf eine Hochzeit mit Albert verlangt hat und wie
ein Trauerengel die Szene beherrscht. Dann tritt Werther auf – und Jonas
Kaufmann präsentiert sich in einer seiner stärksten Rollen. Schön,
introvertiert, von Melancholie gepeinigt – Jonas Kaufmann lässt von Anfang
an das tragische Ende ahnen. Dabei beginnt er eher verhalten, die Piani
klingen „verkünstelt“, doch das gibt sich rasch. Dieser Werther gleicht
einem Vulkan der Leidenschaft, die Ausbrüche bei der Begegnung mit Charlotte
sind völlig glaubwürdig, die Höhen explodieren förmlich. Die Pianophrasen
bekommen Substanz. Großartig! Sophie Koch ist eine bildhübsche Charlotte,
die zunächst noch etwas maskenhaft wirkt. Doch ihre Verweigerung schürt erst
den Wahnsinn der Begierde und Sehnsucht. Ihr Singen und Spielen bekommt
Farben, die Emotionen überwältigen auch sie. Im Laufe der Vorstellung wächst
die Französin jedenfalls auch vokal über sich hinaus, am Ende hält man es
für möglich, dass sich auch Charlotte erschießt. Ein rundum gelungenes
Met-Debüt.
Hervorragend auch die übrige Besetzung. Lisette Oropesa -
ist eine ideale Sophie, ihr Singen macht fröhlich, ihr Missverstehen von
Werther ist fatal. Der Serbe David Bizic is bei seinem Met-Debüt ein
besonders unsensibler Albert. Männlich, angepasst und absolut
verständnislos. Am Ende taucht er zu Recht nicht mehr auf. Jonathan Summers
ist ein würdiger Amtmann, Philipp Cokorinos und Tony Stevenson sind köstlich
als Johann und Schmidt.
Alles in allem – die MET at its best, das
Orchester der MET unter des Franzosen mit armenischer Herkunft Alain
Altinoglu schafft ideal den „Spagat“ zwischen Kammermusik und großer Oper,
die Inszenierung des Briten Eyre , die den Werther nicht in der Goethe-Zeit
sondern in der Entstehungszeit der Oper 100 Jahre später ansiedelt, tut ein
übriges. Und mit Jonas Kaufmann und Sophie Koch hatte man eine Besetzung zur
Verfügung, die derzeit nicht besser sein kann. Werther als
Belcanto-Seelenkrimi – Opernherz was willst du mehr…?
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