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Der Neue Merker
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Dorothea Zweipfennig |
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Massenet: Werther, Metropolitan Opera, 15. März 2014 |
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NY / Met via Kino – WERTHER
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Richard Eyre, britischer Theater- und Filmregisseur sowie Schriftsteller,
verriet im Pauseninterview seine Sicht auf diese Oper. Goethes Werther ist
rund 100 Jahre vor Massenets Oper entstanden, und somit ist diese
Opern-Musik totale Romantik. Und so hat Eyre mit Hilfe von Bühnenbild- und
Kostümgestalter Rob Howell einen ganz und gar romantischen „Film“ auf die
Metbühne gebracht. Für die meist intimeren Räume dieses Stückes, hat Howell
die Riesenbühne durch einen Rahmen verkleinert, was den Filmcharakter noch
verstärkt. Und für den Kinobesucher verstärkt sich der Filmcharakter dieser
Produktion durch die Groß- und Nahaufnahmen erst recht. – Befragt zur
Arbeitsweise des Schauspiel- und Filmregisseurs mit Sängern, erklärte Eyre,
dass er mit dem Paar Kaufmann/Koch eine wunderbar fruchtbare Zusammenarbeit
gehabt habe, natürlich auch durch die umfassende Rollenerfahrung der beiden.
Über Kaufmann schwärmte Eyre, der sei nun wirklich ein begnadeter
Schauspieler, den man leicht mit Al Pacino oder Robert de Niro auf eine
Stufe stellen könne. Profitieren davon können vor allem die Kinobesucher,
die diese stets sprechende Mimik in Großaufnahme dargeboten bekommen, man
denke etwa an die Szene vor dem eigentlichen Todesschuss, wie Kaufmann den
inneren Kampf Gänsehaut auslösend rein mimisch ausdrückte. Die Zuschauer in
der riesigen Met werden diese Details kaum derart deutlich zu sehen
bekommen, schade für sie.
Musikalisch war die Welt auch ganz in
Ordnung. Dirigent Alain Altinoglu (sprich Altinoglü), Franzose armenischer
Abstammung, „betreute“ seine Musiker im Graben und auf der Bühne mit großem
Feingefühl, achtete aber auch darauf, das Drama in Massenets herrlicher
Musik mit allen möglichen Klangfacetten zum musikalischen Leben zu erwecken.
Werther in Gestalt und Stimme von Jonas Kaufmann darf heutzutage schon als
eines der aufregendsten Rollenportraits der Gegenwart betrachtet werden. Die
Zeiten eines Alfredo Kraus oder Léopold Simoneau sind lange vorbei, die Art
der gesanglichen Gestaltung hat sich im Laufe der Zeit geändert, heute ist
man eher weg von den ganz lyrischen Interpreten, zugunsten des Dramas (das
fing ungefähr mit Domingo an). Dieser filmtaugliche Antiheld mit der zu so
vielen Emotionen fähigen, kraftvoll strahlenden Tenorstimme und den immer
wieder berührenden Piano-Ausflügen (Domingo hatte ebenfalls eine ganz eigene
Art Pianos zu singen), ist im heutigen Opernleben Goldes Wert.
Sophie
Kochs warm-weicher Mezzosopran haben die Wagner-Ausflüge wohl nicht gut
getan, denn seit den Münchner Frickas hat ihre Stimme etwas von der
„unbeschwerten Leichtigkeit des Singens“ verloren. Das sah man gerade auch
hier durch die in Großaufnahme sichtbar gemachte technische „Arbeit“. Diese
half der Sängerin dann zwar gut über die Runden, aber der Glanz von einst
wollte sich nicht so recht einstellen. Dass die Charlotte eine ihrer Leib-
und Magenrollen ist, u. a. auch mehrfach an Kaufmanns Seite, ist
unbestritten. – Die kleinere Schwester Charlottes, Sophie bezauberte mit dem
kindlich klaren Sopran von Lisette Oropesa ebenso wie durch deren liebliche
Erscheinung. Der mit so vielen Kindern gesegnete Amtmann wurde von Jonathan
Summers rundum adäquat verkörpert und gesungen. Albert, meist als recht
spießiger Unsympath dargestellt, sodass man der verstorbenen Mutter böse
ist, dass sie Charlotte den Schwur abgenommen hatte, diesen Mann zu
heiraten, die Wurzel allen Übels (dieser Schwur). In David Bižićs
Erscheinung und Darstellung eines jovial sympathischen Kerls, der erst zum
Schluss, und dann mit Recht, ernsthaft erzürnt ist, gewinnt die Figur fast
mehr Profil als gewohnt. Dazu hat der serbisch-israelische Bass-Bariton eine
beeindruckende, viril-kraftvolle Stimme. – Alle Comprimarii (worunter auch
die Kindergruppe fällt) waren mit Kräften des Hauses bestens besetzt. – Host
Patricia Racette (mit „umwerfendem“ Dekolleté), selbst als Lirico Spinto
Sopran etabliert, führte die Pauseninterviews.
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