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Die Presse, 05.05.2014 |
(dob) |
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Liederabend, Musikverein Wien, 1. Mai 2014 |
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Jonas Kaufmann: „Es muss etwas Wunderbares sein“
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Der Tenor Jonas Kaufmann wurde im Wiener Musikverein an zwei Abenden gefeiert. |
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Am Ende schlüpfte Jonas Kaufmann noch rasch in die Rolle des Zahlkellners
Leopold Brandmeyer aus dem „Weißen Rössl“ und servierte mit sanfter Elegance
die Zugabe: „Es muss was Wunderbares sein, von dir geliebt zu werden.“ Das
war durchaus als Liebeserklärung an das Publikum zu verstehen, das ihm an
diesem Donnerstagnachmittag im Goldenen Saal begeistert gefolgt war. Denn so
ganz leicht hatte es ihm der Weltstar aus München diesmal nicht gemacht.
Gewiss, der Teil nach der Pause hatte höchstes Format. Hier konnte der
Tenor auch mit seinem charakteristischen Atout, seiner facettenreichen
Mittellage, brillieren – egal, ob er den Farben der Petrarca-Sonette Liszts
subtil nachspürte oder sich Brittens „Seven Sonetts of Michelangelo“
widmete. Da stimmte alles: Artikulation, Emotion, Unmittelbarkeit. Auch
Helmut Deutsch am Klavier zeigte eine ungleich größere dynamische Palette
und mehr rhythmische Finesse als vor der Pause.
Steckengeblieben in
„Stehe still!“
Nicht ganz auf diesem Niveau glückte der Beginn. Schon
für Schuberts Vertonung von Schillers „Bürgschaft“ hätte es mehr Dramatik,
mehr Zwischenfarben bedurft, als es Kaufmann und Deutsch, der nur selten aus
der Rolle des Begleiters im Hintergrund trat, vorzeigten. Dann ein
Missgeschick, wie es freilich jedem passieren kann, der Texte auswendig
vorträgt: Im zweiten der Wesendonck-Lieder mit dem hier bezeichnenden Titel
„Stehe still!“ blieb Kaufmann gleich dreimal stecken, ehe ihm ein Besucher
die Noten in die Hand drückte. Dann war der Bann gebrochen, und der Tenor
konnte seinem Lyrismus ausdrucksreich frönen.
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