Kultura-Extra, 1. August 2014
Heiko Schon
 
Verdi: La forza del destino, München, Juli 2014
 
LA FORZA DEL DESTINO
 
 
In den ersten drei Stunden erinnert der neue Verdi aus dieser Spielzeit (La forza del destino) ungemein an seinen Vorgänger vom letzten Jahr (Il trovatore): Während im Graben nicht viel mehr passiert als Dienst nach Vorschrift, läuft auf der Bühne so ziemlich alles ins Leere. Den Münchnern scheint das aber wuaschd zu sein, sind sie doch sowieso der Sänger wegen gekommen. Und diese sind auch allesamt famos, doch dazu später.

Martin Kušej, Intendant des Bayerischen Staatsschauspiels, inszenierte schon das dritte Mal bei seinem Nachbarn Nikolaus Bachler. Macbeth und Rusalka waren damals im Vorfeld als Skandal gehandelt worden (der dann aber in beiden Fällen ausblieb). Diesmal hat sich Kušej das provokante Tamtam geklemmt. Dafür lautet jetzt die Parole: Nur nichts falsch machen! Oder anders: Wenn's in einem bayerischen Theater um Religion geht, dann bleibt man lieber kreuzbrav. Und so werden in klobigen Kulissen (Bühne: Martin Zehetgruber) lediglich nebulöse Andeutungen gemacht, haben sich Chor und Statisterie in orientierungsloser Hektik zu üben, servieren Harteros & Co. Schöngesang vor Holzpaneele. Dass man die heißen Forza-Eisen Krieg und Kirche sehr wohl mit Tiefgang behandeln kann, hat nicht nur ein Hans Neuenfels in Berlin gezeigt.

Aber diese Besetzung!!! Die reißt das Ruder tatsächlich herum. Zum Finale furioso im vierten Akt liefern sich der nobel-virile Bariton Ludovic Tézier und der tenorale Teufelskerl Jonas Kaufmann ein packendes Duell um die Sängerkrone, kurz darauf räumt Anja Harteros mit einem spektakulären "Pace, pace" gnadenlos ab. Ihre fragil-gläserne, zärtliche, ja, ophelienhafte Leonora überstrahlt sie alle. Dafür gehts musikalisch ein bisschen zu wie auf dem Rangierbahnhof. Die Ouvertüre - ein immer wieder gern genommener Lückenfüller im Konzert - rumpelt sich dem Ziel entgegen und wird dort vom Publikum mit Ignoranz empfangen. Auch danach leistet sich der Klangkörper einige unschöne Wackler und grobe Schnitzer. Asher Fisch liebt Verdi gerne laut und langsam. Eine Kombination, die ich persönlich noch nie gemocht habe.













 
 
  www.jkaufmann.info back top