Der Neue Merker
Ernst Kopica
 
Wiener Staatsoper: Benefizgala "O sole nostro", 3. November 2013
 
WIEN/ Staatsoper: BENEFIZ-GALAKONZERT
 
 
Eigentlich sind Benefizveranstaltungen nicht so mein Geschmack, zu oft steht die Eitelkeit der Veranstalter und der Mitwirkenden mehr im Vordergrund als das jeweils zu unterstützende Projekt. Als Österreicher ist man da besonders leidgeprüft, wenn man an die Seitenblicke-Gesellschaft denkt, die sich bei solchen Gelegenheiten an luxuriösen Buffets schadlos hält und nur darauf zu achten scheint, bei jeder laufenden Kamera im Bild zu sein. Und auch was die Bezeichnung Galakonzert angeht, konnte man hierzulande in den letzten Jahren eine inflationäre Verwendung feststellen. Auch beim gegenständlichen Konzert, das an einem Sonntagvormittag vor ausverkauftem Haus in der Wiener Staatsoper stattfand, hatte man im Vorfeld Bedenken: Immerhin musste die Einführungsmatinee für die nächste Zauberflöten-Premiere für dieses Konzert extra verschoben werden.

Die Initiative zu diesem Megakonzert ging vom Wiener Gastronomen Aki Nuredini aus, der das 30-Jahr-Jubiläum seines Lokales „Sole“, welche sich in unmittelbarer Nähe von Staatsoper, Musikverein und Konzerthaus befindet, gebührend feiern wollte. Der gesamte Reinertrag des Vormittags (der gebürtige Mazedonier, der alle Nebenkosten trug, sprach vorerst einmal von mindestens 130.000 Euro) kommt der Fondo Memorial Eduardo Vargas zugute. Diese Einrichtung wurde vom Tenor Ramon Vargas im Gedenken an seinen im Jahr 2000 verstorbenen Sohn gegründet, um behinderten Kindern in seiner Heimat Mexiko zu helfen.

Wie bei solchen Terminen wohl unvermeidlich gab es bis zuletzt noch Absagen und Umbesetzungen. Wobei diesmal aber die Einspringer die größeren Namen hatten, denn es waren niemand geringere als Jonas Kaufmann und Juan Diego Florez, die für Ferruccio Furlanetto und Stephen Costello in die Bresche sprangen. Moderator Thomas Dänemark hatte es aber spannend gemacht und mit diesen Ankündigungen bis zu den jeweiligen Auftritten gewartet. Dennoch herrschte von Beginn an gute Stimmung, denn der Triumphmarsch aus Aida (gespielt von phil Blech, dem Blechbläserensemble der Wiener Philharmoniker) war der richtige Opener. Perfekt und ambitioniert begleitet von Matthias Fletzberger, Kristin Okerlund und Maria Prinz am Klavier punkteten nicht nur die beiden erwähnten Tenor-Top-Stars, sondern auch die übrigen Sänger: Janina Baechle mit der Arie der Santuzza, Ildikó Raimondi mit prachtvollem roten Kleid und einer witzigen Frau Fluth, Linda Watson als eindrucksvolle Leonore und Luca Pisaroni mit seinem Samt-Bariton und Bellinis Conte Rodolfo. Clemens Unterreiner war mit Escamillos Auftrittsarie wieder einmal nicht zu halten, wesentlich in sich gekehrter, wenngleich genauso wirkungsvoll gestaltete Zoltán Nagy das Trinklied aus Bánk bán des ungarischen Komponisten Ferenc Erkel, natürlich in der Originalsprache.

Mit „Nemico della Patria“ aus Andrea Chenier sorgte Carlos Álvarez für den ersten absoluten Höhepunkt, dem Jonas Kaufmann mit der Arie des Alvaro aus Verdis „La Forza del destino“ sofort den zweiten folgen ließ. Da störte es auch nicht, dass Kaufmann mittendrin den obersten Hemdknopf öffnete, als er gemerkt hatte, dass das erste „soccorrimi“ nicht ganz lupenrein war! Weiter ging es mit Ramón Vargas, der es sich auch nicht nehmen ließ selbst auf die Bühne zu kommen und einen schmachtenden Rodolfo aus Verdis Luisa Miller zum Besten gab. Roxana Constantinescu mit der Arie des Romeo aus „I Capuleti e I Montechi“ und Zoryana Kushpler mit der unvermeidlichen Habañera aus Carmen bewiesen, dass das „Sole“ gerade auch bei den Sängern aus dem östlichen Europa hoch im Kurs steht. Bevor Carlos Álvarez und Olga Blanco mit einem Zarzuela-Duett zum Instrumental-Finale (Bizets „Danse bohemienne“) überleiteten, kamen nochmals die Tenorliebhaber auf ihre Kosten: Michael Schade vertraute auf Mozarts Bildnis-Arie, während Juan Diego Flórez (der ja dieser Tage am selben Haus in der Regimentstochter für Furore sorgt) auch dem abgedroschenen „La donna è mobile“ neue Nuancen entlockte – inklusive aller tenoralen Unarten, die er persiflierend zur Schau stellte!

Und auch die Draufgabe konnte sich hören lassen, denn der wohl „teuerste Chor der Welt“ sang – wie konnte es auch anders sein – zu den standing ovations des begeisterten Publikums „O sole nostro“!















 
 
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