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dpa, 23.12.2013 |
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Verdi: La forza del destino, München, 22. Dezember 2013 |
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Martin Kusej: Religiöse Abrechnung vor dem Fest
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Es war schon ein bisschen perfide, wie Martin Kusej zwei Tage vor Weihnachten abrechnete, mit Religion im Allgemeinen und Katholizismus im Besonderen. |
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Gelebten Glauben gibt es für den österreichischen Regisseur, der am
Sonntagabend im Münchner Nationaltheater seine Deutung von Giuseppe Verdis
„La forza del destino“ (Die Macht des Schicksals) präsentierte, offenbar nur
noch im Mafiaclan. Glaube als Instrument der Machtausübung, der letztlich
nur Fanatismus und Zerstörung gebiert, Menschen und Seelen zugrunde richtet.
Der Intendant des Münchner Residenztheaters, der hin und wieder auch an
der benachbarten Staatsoper inszeniert, ist dafür bekannt, dass er sich mit
Inbrunst an der Kirche abarbeitet. Doch ein Teil des Publikums war offenbar
nicht gewillt, sich die weihnachtliche Vorfreude verderben zu lassen und
deckte den Regisseur mit Buhrufen ein. Explosionsartiger Jubel brandete
dagegen Anja Harteros und Jonas Kaufmann entgegen. In den Rollen der Donna
Leonora und des Don Alvaro absolvierten beide an diesem Abend ein
fulminantes Rollendebüt und stellten erneut ihren Ruf als Opern-Traumpaar
unter Beweis.
Kusej übersetzte die Oper, eine mit kaum glaubhaften
Zufällen gespickte Räuberpistole aus dem Spanien des 18. Jahrhunderts,
beherzt ins Heute. Er sparte nicht mit starken Bildern wie einem rauchenden
Ruinenstumpf, der unschwer an das beim Terroranschlag von 9/11 zerstörte New
Yorker World Trade Center erinnerte, mit herumirrenden Menschen. Oder das
irakische Foltergefängnis von Abu Ghraib. Symbole für all das, was
religiöser Wahn und die Reaktionen darauf anrichten können.
Opfer der
Exzesse im Namen Gottes und der Kirche sind Leonora und Alvaro. Die Tochter
aus streng gläubigem Haus liebt einen blendend aussehenden Latin Lover, der
mit Religiösem offenbar wenig am Hut hat. Ihr Vater, Chef eines Mafiaclans,
will die Verbindung verhindern und wird im Streit mit Alvaro eher zufällig
getötet. Daraufhin schwört Leonoras Bruder Carlo Rache an seiner Schwester
und deren Liebhaber. Am Ende verwundet Alvaro seinen Widersacher im Duell,
doch der tödlich Verletzte findet noch die Kraft, seiner „ehrlosen“
Schwester einen Dolch ins Herz zu stoßen.
Bei aller Dramatik sparte
Kusej nicht mit Ironie. Das Kloster, in dem Leonora und später auch Alvaro
Zuflucht vor dem rasenden Don Carlo suchen, ist ein nüchterner Pfarrsaal der
1970er Jahre mit obligatorischer Faltwand. Hinter der verbirgt sich aber
kein Buffet mit selbst gebackenem Kuchen fürs Pfarrfest, sondern der
Versammlungsort einer christlichen Sekte, die Leonora erst einmal einer
Ganzkörpertaufe nach Art der Zeugen Jehovas unterzieht.
Am
eindrücklichsten gelingt Kusej die letzte Szene. Um zueinander zu kommen,
kriechen und klettern Leonora, Alvaro und Carlo durch einen Verhau riesiger
weißer Kruzifixe, die wie Panzersperren ineinander verkeilt sind. Als
schließlich Leonora und ihr Bruder ihr Leben aushauchen, tritt Pater
Guardiano hinzu. Seine Mahnung zu Demut im Angesicht angeblich von Gott
auferlegter Prüfungen wirkt auf den seiner Geliebten beraubten Alvaro wie
Hohn.
Trotz sängerischer Höchstleistungen auch von dem Russen Vitalij
Kowaljow als Marchese di Calatrava/Pater Guardiano und dem Franzosen Ludovic
Tézier als Don Carlo di Vargas hatte der Abend seine Längen. Das lag nicht
zuletzt an dem wenig inspirierten Dirigat von Asher Fisch, der auf allzu
dröhnenden Breitwandsound setzte. Über jeden Zweifel erhaben war Anja
Harteros, der von Liebesfuror bis schmachtendem Gebet und verklärtem
Sterbegesang alle stimmlichen und darstellerischen Mittel zu Gebote standen.
Auch Jonas Kaufmann zeigte sich in Topform. Sein gaumiges Timbre muss man
mögen.
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