|
|
|
|
Die Welt, 23.10.13 |
Von Manuel Brug |
|
Puccini, La fanciulla del West, Wiener Staatsoper, 5. Oktober 2013 |
|
Mädchen, die fallen, und Mädchen, die schießen
|
Nina Stemme und Diana Damrau sind die Heldinnen des diesjährigen
Opernauftakts in Wien |
Ausschnitt: |
Ein einziger Vokalstar hat den unersättlichen Wienern nie gelangt. Und so
eröffnete auch die Staatsoper die Saison als Sängerfest – mit einer
Neuinszenierung von Giacomo Puccinis "La Fanciulla del West". Dem hat Marco
Arturo Marelli das Rauchende-Colts-Aroma ausgetrieben. Stattdessen herrscht
die bibelfeste Minnie, die doch beim Räuber Dick Johnson alias Ramerrez
schwach wird und den schnell schießwütigen Sheriff Jack in die Prärie
schickt, über eine zeitlose Container-Park-Kantine, wo entwurzelte
Leiharbeiter Arbeit, Geld und kleines Glück suchen. Das stimmt im Detail,
verdichtet sich beim Poker-Showdown mit Blutrand und darf auch sentimental
leuchten. Zum Ende hin gestattet sich die Regie sogar Ironie und lässt das
endlich traute Paar im regenbogenbunten Fesselballon in den siebenten
Opernhimmel schweben.
Franz Welser-Möst kitzelt ein wenig laut, dabei
mit Detailfinesse, die eckigen Modernismen dieser polyfonen Meisterpartitur
heraus, doch nur den in der Mittellage etwas flachbrüstigen Tomasz Konieczny
deckt er zu. Nina Stemmes robust zärtliche, ja verletzliche, in kleinen
Gesten präsente Minnie und Debütant Jonas Kaufmann als sinnlich
kerliger, seine hohen Noten geradlinig ausfahrender Bandit in einer seiner
jetzt schon besten Rollen – sie sind pures Publikumsglück.
|
|
|
|
|
|