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Neues Volksblatt, 21.8.2013 |
Von Ursula Kammesberger
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Verdi: Don Carlo, Salzburger Festspiele, 13. August 2013 |
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Großes Operndrama á la Peter Stein
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Salzburger Festspiele leisten sich im Verdi-Jahr luxuriöse „Don Carlo“-Oper
Luxuriös ist auch das Riesenaufgebot an Chorsängern und Statisten (bis zu
240 Personen auf der Bühne). Luxuriös und von nobler Eleganz sind Bühnenbild
(Ferdinand Wögerbauer) und Kostüme (Annamaria Heinrich). Den größten Luxus
aber leistet sich Stein mit seiner Inszenierung, die sich jeder Anbiederung
an den Zeitgeist verweigert. Da wird erst gar nicht krampfhaft eine
Aktualisierung bemüht, derer dieses grandiose Musikdrama gar nicht bedarf.
Darüber hinaus erlaubt sich Stein den Luxus Zeit. Langsam, aber nicht
langatmig erzählt er die Geschichte des unglücklichen spanischen Infanten,
in zarten pastellfarbenen Bildern, Gemälden nachempfunden, erzählt zuerst
eine Vorgeschichte. Sie beginnt in Frankreich, mit der von Verdi später
gestrichenen Szene im Wald von Fontainebleau. Dort begegnen sich Elisabetta
und Don Carlo, die hier ein kurzes gemeinsames Glück erleben, ehe sie vom
Schicksal getrennt werden.
Vom winterlichen, eisblauen Fontainebleau
spannt Stein den Bogen nach Spanien, an den Hof Filippos, dessen kühles
Ambiente nicht einmal die bunten Kostüme erwärmen können. Peter Stein ist
ein Ästhet, da wird noch die grausigste Szene, das Autodafé mit der
Verbrennung der Ketzer, dank pyrotechnischem Einsatz zum geschönten
Spektakel, wie überhaupt der Schöngeist Stein mitunter zu sehr ins
Geschmäcklerische führt.
Luxuriöse Besetzung
Luxuriös, wie gesagt, die Besetzung: Die deutsch-griechische Sopranistin
Anja Hartaros ist als Elisabetta nicht nur schön anzusehen, sondern
beeindruckt auch mit schöner Stimme, mit der sie Glück, Verzicht und Trauer
berührenden Ausdruck gibt. Traumhaft schön singt Jonas Kaufmann den
Titelhelden und vermag dieser Figur auch darstellerisch viele Nuancen zu
geben. Er ist der jugendliche Hitzkopf, der Träumer, der leidenschaftlich
Liebende und der schwächliche Sohn, der am Ende doch gegen den Vater
aufbegehrt. Dieser wird vom finnischen Altstar Matti Salminen gesungen, der
seinen Zenit zwar schon überschritten hat, in seiner großen Arie „Sie hat
mich nie geliebt“ aber zu großer Form aufläuft. Dies gilt auch für den noch
immer großartigen Thomas Hampson als Marquis Posa.
Die russische
Mezzosopranistin Ekaterina Semenchuck gibt als Gräfin Eboli sowohl ihrer
Eifersucht, ihrem beleidigten Stolz, als auch ihrer Reue überzeugenden
Ausdruck. Erste Klasse auch Eric Harteros (das soll wohl eher Halfvarson
heißen), der mit tiefschwarzem Bass dem Großinquisitor dämonische
Konturen verleiht.
Ein Star des Abends war auch Antonio Pappano am
Pult der Wiener Philharmoniker mit einem mitreißenden, die Dramatik
steigernden Dirigat. Für beide gab es kräftigen Zwischenapplaus. Nach fünf
Stunden (!) war das Publikum nicht zu müde, die Mitwirkenden mit einem
Beifallsorkan zu überschütten.
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