Der Neue Merker, 10/2012
Eva Pleus
 
Verdi: Messa da Requiem, Milano, 27. August 2012
 
Milano: „MESSA DA REQUIEM" - Teatro alla Scala 27.8.
 
 
Als eine Art Generalprobe für Luzern und Salzburg durfte sich die Mailänder Zuhörerschaft über eine Wiedergabe des Verdi-Requiems in großer Besetzung freuen. Demgemäß herrschte im vollen Haus die für große Anlässe typische erwartungsvolle Stimmung. Diese Erwartung wurde auch nicht enttäuscht, denn Daniel Barenboim wies nach, dass er zu diesem speziellen Verdi-Opus den richtigen Draht hat, was man bei den Opern des Meisters aus Busseto nicht immer behaupten kann. Von der hauchzart gespielten Einleitung über das Dröhnen des „Dies irae" und die wunderbar begleiteten Soli bis zum tröstlichen Schluss schuf der Dirigent einen nie nachlassenden Spannungsbogen, und das Orchester spielte wie um sein Leben. Auch der von Bruno Casoni einstudierte Chor übertraf sich selbst, was bei seinem hohen Standard kaum mehr möglich schien. Diese Homogenität der Atemführung ist schlichtweg bewundernswert!

Im Sopranpart beeindruckte Anja Harteros mit wunderbar geschmeidigem Material und hatte nur im „Libera me domine" kleine Schwierigkeiten mit den extremen Tiefen, was aber ihrer beeinruckenden Leistung keinen Abbruch tat. Auch mischte sich ihre Stimme bestens mit dem hellen Mezzo von Elina Garanca, die eine Lektion in Schöngesang erteilte. Es war imposant zu beobachten, wie sie mit ihrer hochgelagerten Stimme auch die Tiefen ihres Parts bewältigte, ohne im Geringsten drücken zu müssen. Jonas Kaufmann sang den Tenorpart mit beeindruckender technischer Souveränität und viel stärkerer innerer Beteiligung als hier im Herbst 2009; allerdings ist mir ein helleres Timbre etwa beim „Ingemisco" und beim „Hostias" lieber. Nicht anfreunden konnte ich mich mit der Leistung von René Pape, dessen Stimme irgendwie grau klang und der das Bassfundament zu fehlen schien. Da ich einen Sitz in einer Loge im 4. Rang über dem Orchester hatte, konnte ich Barenboim mit viel Vergnügen verfolgen, aber vielleicht war der stimmliche Eindruck auf anderen Sitzen verschieden.

Der berechtigte Riesenjubel war natürlich garantiert (und schön, dass Barenboim mit einer deutlichen Bewegung ein sofortiges Ausbrechen des Applauses durch unsensible Hörer unterdrückte!).








 
 
  www.jkaufmann.info back top