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Neue Luzerner Zeitung, 31.08.2012 |
Fritz Schaub |
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Verdi: Messa da Requiem, Luzern, 29.8.2012 |
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In das Höllenspektakel mischen sich himmlische Töne
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Das Verdi-Requiem - ein Chorwerk wie geschaffen fürs Thema Glaube. In
illustrer Besetzung wurde lautstark die Apokalypse beschworen.
Wollte
Janácek in seiner Glagolitischen Messe, die am vergangenen Osterfestival
quasi als Einstimmung zum Thema Glaube erklang, mit dem «lieben Gott»
tschechisch beziehungsweie altslawisch reden, so Verdi mit ihm italienisch,
und das darf durchaus heissen: auch mit Stilmitteln der Oper.
Die
Voraussetzungen waren freilich ganz andere: Bei Verdi stand die
Todeserfahrung im Vordergrund, zuerst die eigene (mit dem Verlust der ersten
Frau und der beiden Kinder), dann der Verlust zweier von ihm hoch verehrter
Männer, Rossini und Manzoni. Weshalb Verdi logischerweise den lateinischen
Text der Totenliturgie wählte. Die Todesangst ist praktisch durch die ganze
Messe hindurch virulent: fürchterlich in den nicht weniger als dreimal wie
eine Urgewalt hereinbrechenden Orchesterschlägen des Dies irae, aber
unterschwellig schon beim zögernden Beginn und immer noch im erlöschenden
Schluss mit der flehentlichen Bitte «Libera me». Glaubensgewissheit, wie man
sie vor kurzem in Bruckners «Te Deum» erlebt hat, ist anders.
Andererseits: Sehnsucht nach dem Jenseits ist im Übermass vorhanden - zumal
in den unglaublich schönen, ihre Abkunft vom Belcanto nie verleugnenden
Solostimmen. Im Übermass präsent war diesmal aber besonders die lautstarke
Beschwörung der Apokalypse mit der nicht weniger als neun Nummern
umfassenden Dies-irae-Sequenz.
Ob Verdi diese Brachialgewalt gemeint
hat, mit der am Mittwochabend die Chor- und Orchestermassen über den
KKL-Konzertsaal im wahrsten Sinne des Wortes ohrenbetäubend hereinbrachen?
Dirigent Daniel Barenboim griff wieder einmal zur Brechstange, machte den
ersten Fortissimo-Einsatz gleich zum Fortefortissimo, mit dem Ergebnis, dass
er keine Steigerungsmöglichkeit mehr besass, als es dann wirklich «Tutta
forza» heisst. Eine dynamische Abstufung, wie sie Verdi auch innerhalb
längerer dynamischer Abschnitte kennt, blieb auf der Strecke: Das
Gleichgewicht zwischen Dunkel und Licht geriet ins Wanken. Viel Licht
Dabei war so viel Licht vorhanden, beim Scala-Orchester mit wunderbaren,
zärtlich verfeinerten Farben, aber auch beim Chor, wenn er nicht zum
Forcieren gezwungen war. Vor allem lebendig aber wurde die
Beschwörung des Jenseitigen in den Quartetten, Duetten und Sologesängen. Es
waren wahrlich himmlische Töne, die da die Sopranistin Anja Harteros und der
Tenor Jonas Kaufmann an Jean Nouvels Sternenzelt entsandten.
Vor
allem der Münchner Tenor, um den man zuletzt gebangt hatte, sang mit
unwahrscheinlichen Piano-Tönen schöner und stilsicherer denn je. Beide
behaupteten sich auch in mächtigeren Chor- und Orchesterpassagen,
derweil sich Elina Garanca mit ihrem kostbaren Mezzosopran hervorragend mit
der Sopranistin ergänzte und René Pape mit seinem balsamischen Bass sich
erst recht ganz auf dem hohen Niveau dieses erlesenen Solistenquartetts
befand.
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