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Der Standard, 15. August 2012 |
Daniel Ender |
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Bizét: Carmen, Salzburger Festspiele, 14. August 2012 |
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Was für ein Kampf, Torero!
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Die von den Osterfestspielen übernommene "Carmen"-Produktion bleibt unter
dem Dirigat von Simon Rattle und in der Regie von Aletta Collins auch bei
den Salzburger Festspielen trotz toller stimmlicher Einzelleistungen eine
Enttäuschung
Salzburg - Die Gäste im Altstadthotel waren mit ihrer
Frühstücksmeinung nicht alleine: Magdalena Kozená sei beileibe keine Carmen,
ihre Stimme zu klein, ihre Ausstrahlung zu gering. Auch bei der Premiere im
Großen Festspielhaus trafen die Protagonistin und die ganze Produktion teils
auf harsche Ablehnung, die sich auch auf den Gatten der Sängerin, Simon
Rattle, und die Regie erstreckte.
Bei den Osterfestspielen waren da
die Reaktionen noch weitaus gleichmütiger gewesen. Gefeiert wurden hingegen
die beiden Toreros des Abends. Zwei, da Kostas Smoriginas ausgerechnet schon
während seines " Toréador, en garde!" ("Auf in den Kampf, Torero!")
schlagartig nicht mehr wie vorgesehen singen konnte (wegen einer
"plötzlichen Allergie", wie Alexander Pereira später erklärte).
Im
dritten Akt sang dann Massimo Cavalletti, der Marcello aus der aktuellen
Bohème, den Part zum stummen Spiel des Kollegen von der Bühnenseite aus -
fast untadelig, doch akustisch überaus ungünstig, da sein mächtiger Bariton
den anderen Stimmen kaum noch die Möglichkeit ließ, ihrerseits
durchzukommen.
Das lag nicht nur an dieser ungeprobten
Ausnahmesituation, sondern auch ein wenig an der Besetzung des zentralen
Liebespaares. Denn eine walkürenhafte Röhre hat Kozená nun wirklich nicht.
Wenn man aber gewillt war, vom üblichen Gepräge der Carmen abzusehen, musste
man die stimmlichen Qualitäten ihres schlanken, wendigen Mezzosoprans ebenso
anerkennen wie ihre Bühnenleistung: Sie gibt die "Zigeunerin" fast
unterkühlt, in katzenhafter Pose, deren Gefährlichkeit begrenzt erscheint.
Insofern passte Jonas Kaufmann als Don José sehr gut zu ihr, der
eher ein verletzliches Muttersöhnchen spielt als einen rasenden Muskelprotz.
Abgesehen von gar zu vielen manierierten Schluchzern sang auch er über
Strecken so fein phrasiert, wie es seine baritonale Kehligkeit zulässt.
Beide besitzen jedoch nicht jene stimmliche Ausgewogenheit und
Gesangskultur, über die Genia Kühmeier verfügt, der als Micaëla wieder alle
Sympathien sicher waren.
Gerade diese Figur hatte allerdings so
hilflose Gesten zu vollführen, als kämen hier alle Banalitäten der
szenischen Umsetzung zusammen. Und szenisch ist diese Carmen großteils
possierlich arrangiertes Stehtheater, das trotz viel innerer Bewegung
statisch bleibt und bei dem sich die Ideen in Grenzen halten: Carmen wird
von Don José etwas später erstochen als vorgesehen, ahnt dafür ihr Schicksal
schon ganz früh, als sie dem Brigadier bei ihrer ersten Begegnung aus der
Hand liest.
Abgesehen davon hat Aletta Collins brav und wenig
inspiriert vom Blatt inszeniert und sich vor allem auf die Choreografien
konzentriert, die meist ebenfalls auf konventionellen Bahnen bleiben und vor
allem durch vertanzte und bestampfte Orchestervorspiele auf sich aufmerksam
machen. Eine Gruppe von Tänzerinnen führt gleichsam durch die Handlung,
beginnt schon vor der Ouvertüre, um den Orchestergraben herum zu
marschieren, gestaltet den Übergang zwischen den ersten beiden Akten und
schreitet beim Schlussbild auf Don José und die tote Carmen zu.
Aus
dem Graben tönte es dabei sehr klangsinnlich, fein und häufig ungewohnt
leise. Aber Rattle bewerkstelligte es dennoch und trotz rhythmischer
Prägnanz kaum, Schwung in die Sache zu bringen, auch wenn die Wiener
Philharmoniker mehr Eigeninitiative einbrachten, als ihre Berliner Kollegen
es bei ihrem Abschied von den Osterfestspielen getan hatten. Doch noch so
viele schöne Stellen ergeben nun einmal nicht gleich ein rundes Ganzes.
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