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Heilbronner Stimme, 26.04.2012 |
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Liederabend, Baden-Baden, Festspielhaus, 23. April 2012 |
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Voller denn je
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Liederabend mit Jonas Kaufmann
Manche Konzerte sind
so überwältigend, dass sie sogar das Vorstellungsvermögen der Fachwelt
übertreffen. Jonas Kaufmanns Liederabend im Festspielhaus Baden-Baden ist
eine dieser Ausnahmen. Sein Organ klingt vollendeter denn je. Zu Beginn
sechs Lieder von Liszt auf Texte von Heine, Goethe, Kuh und Lenau. Schon bei
Heine fallen die enormen Kontraste zwischen kaum hörbarem Piano und
glanzvoller, strahlender Höhe auf, die man am ganzen Abend sehr bewundert.
Gestaltungskunst
Vor Jahrzehnten hätten
manche die erwähnten dynamischen Kontraste als zu opernhaft gerügt, doch
diese Kritik würde man heute eher eigenem Unvermögen zuschreiben. Kaufmanns
große dramatische Gestaltungskunst beruht auf Nacherleben und ist keine
Effekthascherei. Mehr als in manchen Sinfonien Gustav Mahlers überzeugt in
seinen Liedern schon die Form. Und wie genial deutet Mahler Rückerts Texte
kompositorisch aus. Auch hier bewundert man Kaufmanns nahtlose allmähliche
Zurücknahme vom Forte ins Piano, etwa in "Um Mitternacht". Nach kaum
bekannten, gediegenen Liedern des Franzosen Henri Duparc (1848-1933) sechs
Lieder von Richard Strauss, von dem auch beide Zugaben stammen.
Anschlagskultur
Dehmels "Befreit" wirkt harmonisch
und melodisch besonders interessant. Auch die Technik und eminente
Anschlagskultur von Helmut Deutschs Klavierbegleitung suchen ihresgleichen.
Fazit vieler Besucher: Wann hörte man jemals einen solch herrlichen
Liederabend? Nur: Warum bleibt der Saal trotz Kaufmanns deutlicher Bitte zu
dun-kel zum Mitlesen der Texte?
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