Jonas Kaufmann, Anna Netrebko und Erwin Schrott boten ihren Fans
in der Wiener Stadthalle eine große Show. Diese Stars sind ihr
Geld wert.
Wenn Tausende Menschen Bravo rufen, wie wild
mit den Füßen trampeln und in kollektives Verzückungsgeschrei
ausbrechen, dann, ja dann muss etwas Besonderes passiert sein.
Und ja, es ist etwas Besonderes passiert am Samstag in der für
Veranstaltungen dieser Art akustisch nur sehr bedingt geeigneten
Wiener Stadthalle.
Sie waren da: Jonas Kaufmann, Anna
Netrebko und Erwin Schrott. Die drei zur Zeit - salopp
formuliert - wohl angesagtesten Opernstars. Und sie boten ihren
Verehrern so ungefähr alles, was Lust auf Klassik macht, was in
Oper, Operette und Musical gut und teuer ist. Ein privater
Veranstalter hatte die Wirkung dieses Operntriumvirats bereits
in München erfolgreich erprobt; am 16. August ( ORF 2 überträgt
zeitversetzt) darf sich das Publikum der Berliner Waldbühne über
die drei Goldkehlchen freuen. Wie auch die Wiener Besucher bei
Ticketpreisen bis zu 471 Euro ihre Helden enthusiastisch
hochleben ließen.
Leinwände
Völlig zu
Recht, denn Kaufmann, Netrebko und Schrott gaben drei Stunden
lang viel, sehr viel sogar. Da war es gleichgültig,
dass es keine Programmhefte gab (sie blieben in der Spedition
hängen), musste man eben auf zwei Leinwänden die jeweils
kommende Nummer nachlesen. Leinwände, die noch einen Zweck
erfüllten. Denn so konnte man auch sehen, wie viel Spaß die drei
Opernstars hatten. Denn geblödelt wurde auch sehr viel bei
dieser Gala.
Von Erwin Schrott etwa, der bei Leporellos
"Registerarie" aus Mozarts "Don Giovanni" lässig in einem
Society-Magazin blätterte. Oder von Schrott und Netrebko, die
beim Liebesduett aus Gershwins "Porgy and Bess" heftig
miteinander kokettierten. Innigster, leidenschaftlicher Kuss
inklusive. Grandios auch, wie Netrebko und Jonas
Kaufmann die "St. Sulpice"-Szene aus Massenets "Manon" nicht nur
betörend sangen, sondern ebenso gut spielten. Herrlich,
wie Schrott einen teuflisch grinsenden Mephisto (Gounods
"Faust") gab und kurze Zeit später mit "Rojotango" stilsicher
Werbung für seine neue (hörenswerte) Tango-CD machte.
Sensationen
Netrebko wiederum bewies mit Puccinis "Madama
Butterfly" und Verdis "Troubadour"-Leonora, dass sie vokal
längst auch im dramatischen Fach angekommen ist. Schrott zeigte,
dass er ein wahrer Piazzolla-Profi ist und Jonas
Kaufmann unterstrich eindrucksvoll, dass er zu Recht als der
wohl weltbeste Tenor gilt. Seine Interpretation des "Addio alla
Madre" aus Mascagnis "Cavalleria rusticana" war sensationell.
Ebenso seine spektakulären Ausflüge zu Tauber und Lehár.
Dass Marco Armiliato am Pult der Prager Philharmoniker (auch
der Wiener Kammerchor wirkte mit) in den ekstatischen Jubel
(Zugaben!) mit einbezogen wurde, war da mehr als verdient.
Fazit: Sie sind ihr Geld wirklich wert
Konzert:
Kaufmann, Netrebko und Schrott boten eine dreistündige, perfekte
Show mit bekannten und unbekannteren Arien und sehr viel Charme.
Gesang: Alle drei sind stimmlich echte Ausnahmekönner.
Ort: Die Stadthalle ist für Klassik akustisch leider
suboptimal.