Neue Kärntner Tageszeitung
Massenet: Werther, Wiener Staatsoper, Januar 2011
Jonas Kaufmann als leidender Werther
 
Zur Wiederaufnahme von Jules Massenets >>Werther<< an der Wiener Staatsoper
 
Seine Piani scheinen aus dem Nichts zu kommen, sie sind wunderbar zart und bezaubernd: Jonas Kaufmann, der deutsche Ausnahmetenor, singt an der Wiener Staatsoper seinen ersten >>Werther<< und beweist hier überzeugend, dass er nicht nur im deutschen und italienischen, sondern auch im französischen Fach zu Hause ist. Sein baritonal klingender Tenor weist in Jules Massenets Oper eine enorme Flexibilität auf: Zu mühelosen, durchsichtigen Höhen fähig, kann er im nächsten Moment auch mit dramatischen, mitreißenden Attacken begeistern. Auch sein Spiel als verträumter, depressiver, unsicherer und absolut unglücklicher Dichter ist in jedem Augenblick glaubhaft und ideal. Und noch dazu ist er ausnehmend fesch! Ideal ist auch seine Partnerin, die von ihm angebetete und seine Liebe erst zum Zeitpunkt seines Sterbens erwidernde Charlotte: Sophie Koch singt die Partie mit allen Zwischentönen und großer Empfindsamkeit.

Und ein Mammutbaum
Alle Protagonisten finden sich in der Inszenierung von Andrei Serban und der Ausstattung von Peter Pabst recht gut zurecht. Die mit entsprechenden Kostümen und Mobiliar in die 50er-Jahre des letzten Jahrhunderts verlegte Handlung mit dem die Bühne dominierenden, weit ausladenden Mammutbaum, der durch seine Blätter die Jahreszeiten widerspiegelt, ist Geschmackssache. Einziger Wermutstropfen der Mann am Pult: Leider kann Frederic Chaslin mit der Sensibilität der Sänger nicht mithalten. Trotz vieler blühender Momente erklingt das Orchester der Wiener Staatsoper manchmal viel zu derb und laut.
 
Anmerkung: natürlich war es nicht Jonas erster Werther, sondern lediglich der erste Werther an der Wiener Staatsoper






 
 
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