Der Neue Merker
Heiner Wesemann
Massenet: Werther, Wiener Staatsoper, 24. Januar 2011
WERTHER von Jules Massenet
 
Ein sehr volles Haus, das Stehparterre quoll über. Schließlich jener Applaus, den man „nicht enden wollend“ nennt. Jonas Kaufmann was here, die Staatsoper bietet den derzeitigen tenoralen Superstar. Erstmals stellt er sich in dieser Serie in Wien als „Werther“ vor. Anlaufzeit braucht er, das ist nicht zu bestreiten – das Einsingen findet auf der Bühne statt, manches wirkt anfangs noch unfrei, man kann auch „geknödelt“ sagen. Aber die Stimme befreit sich im Lauf des Abends, die Höhe tut ihre Wirkung, nach und nach findet er sich auch in den spezifischen französischen Stil, zu den tragfähigen Piani. Der Jubel nach seiner Arie ist berechtigt.

Die Begeisterung für Kaufmann hat natürlich auch mit der Optik zu tun – dieser schlanke, irgendwie heutig leger wirkende junge Mann ist ein Vergnügen anzusehen, wenn man an dickliche oder auch nur unansehnliche Kollegen denkt. Die haben es viel schwerer zu reüssieren. Auch Sophie Koch besticht durch die schlanke Silhouette, darüber hinaus durch ihren schönen Mezzo. Als Kontrast zu ihrer etwas verhuscht wirkenden Tragödien-Charlotte wirkt Ileana Tonca als zarte Sophie sehr reizend und gewinnt mit hellen Glockentönen die Herzen des Publikums. Adrian Eröd als grimmiger Bösewicht ist an diesem Abend nicht sehr präsent. Er stört bei Werthers Tod im Hintergrund, doch das ist ein Teil der Inszenierung, die noch nie überzeugt hat. Sie bietet den Künstlern auch nicht den Rahmen, in dem sie sich am besten entfalten könnten. Die Ausstattung in ihrem Fünfziger-Jahre-Look ist gelinde gesagt alles andere als ansprechend.

Mit Janusz Monarcha, Benedikt Kobel und Clemens Unterreiner in den Nebenrollen dirigierte Frederic Chaslin mit mehr Lautstärke als nötig einen Abend, an dem das Publikum nur das Liebespaar, oder wahrscheinlich nur Werther selbst interessierte.
 






 
 
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