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Wiener Zeitung, 18.1.2011 |
Judith Belfkih |
Massenet: Werther, Wiener Staatsoper, 17. Januar 2011
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Ein inniges Paar und ein schöner Tod
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So schön gestorben wurde schon lange nicht mehr. Wien hat einen neuen
vokal potenten Werther mit kleinen Anlaufschwierigkeiten. Und mit Jonas
Kaufmann noch dazu einen charismatischen Darsteller. Der Tenor sang die
Titelpartie von Massenets Oper erstmals in Wien. Und feierte damit einen
veritablen Erfolg.
Kaufmanns Stimme hat die Fülle eines Baritons, gepaart mit tenoraler Höhe,
die er sich am Montag leider erst im Laufe des Abends freisingen musste.
Dazu differenziert er auch darstellerisch und zeigte einen schwermütig
verträumten, anfangs verklemmten Liebes- und Todessehnsüchtigen. Am
Erfolg der aktuellen Spielserie ebenso beteiligt: Sophie Koch als
ausdrucksstarke und präsente, wenn auch nicht sehr nuancenreiche Sophie und
Adrian Eröd als ihr Ehemann Albert. Beide haben sich in diesen Partien
bereits in Wien bewährt und bilden mit Kaufmann ein wunderbares Bühnentrio.
Als drei Vertreter einer aufgeschlossenen Sängergeneration, für die ihre
Arbeit auf der Bühne nicht beim Singen aufhört. Ileana Tonca fügt sich
resolut jugendlich als Sophie sehr gut ins Ensemble ein.
Die Inszenierung von Andrei Serban funktioniert nach wie vor. Den alles
dominierenden Baum in der Bühnenmitte muss man mögen, die Nachkriegszeit als
Schauplatz stört nicht.
Was den Abend trotz des innig agierenden tragischen Liebespaares trübte, kam
aus dem Graben. Frédéric Chaslin am Pult des nicht mehr als routinierten
Orchesters gelang es kaum, die Tragik und die Dringlichkeit der Partitur zum
Klingen zu bringen. Neben einigen Irritationen in Sachen Koordination
lieferte Chaslin eine solide Lesart ab. Inspiration, Intensität oder
Intimität suchte man jedoch vergebens. |
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