Südwest Presse, 01.08.2011
Gottfried Lothar
Konzert, München, Königsplatz, 29. Juli 2011
Diva, Gentleman und Latin Lover
 
Wunderbar: Netrebko, Schrott und Kaufmann
 
Beim "Gipfeltreffen der Stars 2011" auf dem Münchner Königsplatz nahmen Anna Netrebko, Jonas Kaufmann und Erwin Schrott ihr Publikum mit Temperament und Natürlichkeit für sich ein.

München Auf den hinteren Plätzen waren sie nur in Stecknadelkopfgröße zu sehen - doch mit Können und erfrischender Natürlichkeit nahmen die Musiker auf dem Münchner Königsplatz trotzdem ihr Publikum für sich ein.

Für das erste gemeinsame Konzert der Klassik-Stars Anna Netrebko, Jonas Kaufmann und Erwin Schrott - dem angekündigten "Gipfeltreffen der Stars 2011" - war eine riesige Bühne installiert worden. An deren Seiten präsentierte jeweils ein großer Screen mittels Live-Mitschnitt das Geschehen für die Besucher auf den hinteren Plätzen.

Begleitet wurden die Diva, der Latin Lover und der Gentleman von der Prager Philharmonie, die unter der Stabführung von Marco Armiliato die so verschiedenen Stücke aufblühen ließ, und deren Konzertmeister Jakub Fier mit virtuosen Soli brillierte. Der italienische Dirigent, einer der Besten seiner Zunft, war auch an diesem Abend mit seiner klaren Zeichengebung und seinem überbordenden Enthusiasmus ein Garant für den passenden musikalischen Klangteppich.

Erwin Schrott, im nachtblauen Samtsakko mit offenem Hemd, weißblondierten Haaren und Helix-Piercing, reüssierte mit Leporellos Register-Arie aus dem "Don Giovanni", sang mit profundem Bassbariton und großer Spielfreude das Rondo vom Goldenen Kalb aus "Faust" sowie ausdrucksstark die Banco-Arie aus "Macbeth". Ganz in seinem Element war der Südamerikaner bei einer Romanze aus einer spanischen Zarzuela, in der er all sein Können präsentieren durfte.

Anna Netrebko, erst in neapelgelber, dann in blauer Abendrobe, brachte mit ihrem dunkel getönten Sopran in der Juwelenarie aus "Faust" perlende Koloraturen zu Gehör, wobei sie die Irritationen des jungen Gretchens herrlich darzustellen wusste. Mit "Cielo e mar" aus "La Gioconda" eroberte Jonas Kaufmann das Publikum - in zartem Piano startend, die ersten Ausbrüche souverän attackierend und strahlend ins Finale gleitend. Mit Turridus Abschied aus "Cavalleria rusticana" und "Du bist die Welt für mich" aus der Tauber-Operette "Der singende Traum" konnte er weitere Male seinen baritonal gefärbten Tenor strahlen lassen.

Zusammen mit der Netrebko sang er die große Klosterszene aus "Manon" von Massenet, in der beide Sänger mit furiosen dramatischen Ausbrüchen begeisterten. Überhaupt waren die Duette und Terzette die spannenderen Teile des Abends; hier wurden die Solisten oft vom Philharmonischen Chor München unterstützt. Netrebko und Schrott zeigten mit einem Duett aus "Porgy and Bess" von Gershwin, wie wunderbar auch ihre Stimmen harmonieren. Zu dritt interpretierten die Sänger ein Terzett aus Verdis früher Oper "I Lombardi" sowie das Finale aus "Faust".

Trotz des kühlen Windes wurden die Künstler nicht ohne Zugaben entlassen. Die Netrebko sang ein inniges "O mio babbino caro" aus "Gianni Schicchi", Erwin Schrott mit "Rojo Tango" von Pablo Ziegler ein weiteres Bravourstück mit Bandoneon und Kaufmann glänzte mit "Freunde, das Leben ist lebenswert" aus "Giuditta" von Lehár.

Suchte man nach Kritikpunkten, so fände man nicht immer ganz klare Töne bei der Sopranistin, leicht angestrengte Höhen beim Tenor, seltsame Spielereien des Baritons und einen Kameramann, der bei Instrumentalsoli immer die falsche Orchestergruppe abfilmte. Doch was machte das schon angesichts des wunderbaren Abends mit herausragenden Sängerpersönlichkeiten und Musikern.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
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