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Opernglas, Januar 2012 |
F. Plotkin |
Gounod: Faust, Metropolitan Opera New York, ab 29. November 2011
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NEW YORK, Faust, Metropolitan Opera
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Die New Yorker Met und Charles Gounods »Faust« haben eine ganz besondere
Beziehung zueinander. Die allererste Opernaufführung des Hauses am 22.
Oktober 1883 galt dieser Oper, gesungen wurde damals in italienischer
Sprache. Bereits im Jahre 1896 hatte die 100. Vorstellung stattgefunden, die
200. am 7. März 1902. Die Aufführungen häuften sich dermaßen, dass die Met
bereits den Spitznamen „Faustspielhaus" erhielt. Über die Jahrzehnte sind
die meisten Stars zu dem einen oder anderen Zeitpunkt ihrer Karrieren darin
aufgetreten. Das Publikum kennt die Musik so gut, dass es sehr kritisch
reagiert, sobald eine Note nicht ganz sauber gesungen wird. Die jüngste
Premiere am 29. November markierte die 783. Aufführung und machte die Oper
zur am achthäufigsten gespielten und der zweitpopulärsten französischen nach
Bizets »Carmen«.
Die Neuinszenierung ist kein großer Wurf, aber
besser als die beiden letzten, was mancher, der die jüngste
Aufführungsgeschichte am Hause kennt, mit einem Stoßseufzer der
Erleichterung zur Kenntnis nehmen wird. Und der musikalische Teil war sogar
außerordentlich geraten, sodass Einwände verblassen müssen. Der junge
kanadische Dirigent Yannick Nézet-Séguin gestaltete vom Dirigentenpult aus
eine so reich und gut strukturierte Aufführung mit dem Metropolitan Opera
Orchester, so punktgenau jeden dramatischen Höhepunkt präsentierend und die
Stärke von Chor (ein großartiger Auftritt in der Einstudierung von Donald
Palumbo) und Solisten untermauernd, dass man einfach begeistert sein musste.
Die Sängerbesetzung war in jedem einzelnen Punkt Weltklasse.
Obwohl Jonas Kaufmann auch noch während der Proben zur Neuproduktion
fulminante Auftritte bei der diesjährigen traditionellen und glamourösen
„Richard-Tucker-Gala" und auch noch als Maurizio in einer konzertanten
»Adriana Lecouvreur« an der Seite von Angela Gheorghiu in der Carnegie Hall
hatte, sang er einfach grandios, eine musikalisch atemberaubende
Präsentation des Faust. René Pape gab einen eleganten und
ausdrucksvollen Méphistophélès, Marina Poplavskaya konnte, obwohl sie
unsinnige Sachen auf der Bühne machen musste, die Marguerite mit viel
Sensitivität ausstatten und sang sehr differenziert und bewegend.
Die
übrige Besetzung, Russell Braun als Valentin, Jonathan Beyer als Wagner,
Michele Losier als Siebel und Wendy White (Marthe) machten stimmlich
ausgezeichnete Figur und trugen viel zum musikalischen Gelingen bei,
wenngleich auch die Kraft der drei Hauptfiguren dominierte. Ohne den
optischen Eindruck wäre es ein ganz großer Abend gewesen. Des McAnuff ist
ein sehr ambitionierter Regisseur vor allem für Musicals, bekannt vor allem
sein internationaler Hit »Jersey Boys«. Während manch anderer Regisseur, der
erstmals Oper inszeniert, das unbedingte Primat der Musik in der Oper nicht
voll anzuerkennen in der Lage ist, schenkte er den musikalischen Höhepunkten
genügend Entfaltungsmöglichkeiten - mit einer großen Ausnahme. Seine von ihm
favorisierten allzu bombastischen Bühnenbilder haben in der Mitte eine zu
große Spielfläche, die auch akustisch nicht günstig ist für die Sänger. Wenn
dann diese Bühne rechts und links von kleinen Wendeltreppen eingerahmt wird,
an denen sich ein Großteil der Handlung abspielt, wird es problematisch. Zu
oft gab es Arrangements wie: Faust an einem Bühnenrand, Méphistophélès am
anderen, Marguerite in der Mitte, dazwischen wenig motivierte Aktion, um von
einem Ort zum anderen zu kommen.
Ansonsten scheint der alte Dr. Faust
zu Beginn an der Atombombe zu bauen, Marguerite kommt im weißen Laborkittel
daher. Hat sie am Ende doch überlebt? Der junge Faust erlebt sodann den
Ersten Weltkrieg als Beispiel für die Schrecken eines Krieges im
Allgemeinen. Das erzielte zum Teil zwingende Momente, offenbarte aber immer
wieder inhaltliche Schwächen. Die Kostüme von Paul Tazewell und ganz
besonders die Lichtregie von Peter Mumford zeigten eine hohe Qualität - ihre
Talente hätten eine bessere Regie verdient. |
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