Der Neue Merker
Johannes Marksteiner
Gounod: Faust, Metropolitan Opera New York, ab 29. November 2011, Vorstellung am 10. Dezember 2011, Kino
10.12.2011 Kino/MET „Faust“
 
So schnell kann ein makelloser Ruf beschädigt sein: Die jüngste Übertragung aus der MET zeigte, dass man auch dort gelegentlich nur mit Wasser (der modernen Art) kocht. Die Inszenierung von Des McAnuff, der bisher eher mit Musicals als mit großer Oper zu tun hatte, zeigt, wie schmal der Grat zwischen seriös und lächerlich sein kann. Die Handlung wird ins 20.Jahrhundert verlegt, Faust ist Atomphysiker, der inmitten einer Chemiefabrik seine gescheiterte Existenz beklagt. Dass ihm Margarethe dabei zusieht, macht die Sache nicht besser. Lustig wird es, wenn die Chemiearbeiter in ihrer tristen Umgebung von grünen Wiesen und Feldern singen (müssen). Das fast unterbundene Product-Placement für Singer-Nähmaschinen – Margarethe bemühte sich redlich, das brave Hausmütterchen darzustellen – verhalf der MET vielleicht zu einer kleinen Nebeneinnahme. Das Orchester unter dem fachlich beschlagenen, hier aber nicht erfolgreichen Dirigenten Yannick Nezet-Seguin spielte schlampig wie schon lange nicht. Der Chor verpatzte seine Einsätze und wirkte äußerst unkonzentriert und inhomogen.

Bleiben noch die Sänger: Da gab es einen Lichtblick, Rene Pape war ein großartiger Mephisto. Seine Darstellung in Verbindung mit einer prachtvollen Bassstimme war perfekt. Jonas Kaufmann besitzt alle äußeren Vorzüge für den Faust, die kräftige und höhensichere Stimme klingt sehr gut, und wenn seine Intonationsschwäche, vor allem bei lyrischen Stellen, ausgemerzt werden könnte, wäre er der beste Zwischenfachtenor seit langem. Marina Poplavskaya sang eine berührende Margarethe, die Juwelenarie gelang ihr bestens, in der dramatischen Schlussszene musste man allerdings das etwas zu geringe Stimmvolumen zur Kenntnis nehmen. Brauchbar, wenn auch nicht vorzüglich schlug sich Russel Braun als Valentin, hier wäre mehr Nuancierung und weniger Kraftmeierei gefragt. Sehr gut gefiel Michele Losier als Siebel. Ihre schöne Stimme verlieh der eher undankbaren Rolle einigen Glanz. Die Begeisterung für diese Aufführung hielt sich in engen Grenzen, das verwöhnte Publikum akzeptiert Mittelmaß nur ungern, wenn man an die Sternstunden bei anderen Übertragungen denkt.






 
 
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