Natürlich ist sie nicht mehr das quirlige Glamour-Girl ihres
Karrierebeginns. Doch auf die Künstlerin Anna Netrebko, die
zwischenzeitlich eine Familie gründete und den Ansprüchen
des Star- und Promi-Betriebs standhalten muss, können sich
die Fans nach wie vor verlassen. Was auch der
ZDF-Übertragung ihres Konzerts aus der Berliner Waldbühne
abzulauschen war.
Kein reiner Netrebko-Abend, denn sie trat gemeinsam mit
ihrem Bassbariton-Partner Erwin Schrott und dem deutschen
Startenor Jonas Kaufmann auf. Doch das Hauptinteresse galt
gewiss der Sopranistin, die sich gleich mit Butterflys „Un bel
di vedrimo“ an die Rampe wagte und bis auf den etwas
angestrengten Schlusston sofort mit der kultivierten Pracht
ihrer Stimme begeisterte. Massenet und früher Verdi in den
Ensemblestücken: alles schön - aber eigentlicher Höhepunkt des
Netrebko-Aufritts war die große Arie der Leonora aus Verdis
„Troubadour“, in der sie nicht nur schöne Gesangslinien, sondern
auch perfekt geformte Triller in den Nachthimmel schickte: Wenn
sie das im nächsten Jahr so auch vor Münsters Schloss macht . .
.
Erwin Schrott, der sie dann begleiten wird, begnügte
sich in Berlin mit einer Nebenrolle, während Jonas Kaufmann auf
Tenor-Hits setzte. Die Gesangstechnik, mit der er seine dunkel
getönte Stimme führt, dürfte allerdings kraftraubend sein: Man
glaubt als Zuhörer die Anstrengung zu spüren, mit der er
Spitzentöne stemmt, und muss unwillkürlich an die (scheinbare?)
Leichtigkeit Pavarottis in „Cielo e mar“ denken. Rein stimmlich
ist Kaufmann eine Wucht. Auf die Moderation von Markus Lanz
allerdings hätte mancher Opernfan gern verzichtet.