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Osnabrücker Zeitung, 17. August 2011 |
Ralf Döring |
Konzert, Berlin, Waldbühne, 16. August 2011
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Sekt und Sinnlichkeit
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Das Beste ist gerade gut genug: Operngala mit Anna Netrebko, Jonas Kaufmann und Erwin Schrott auf der Waldbühne Berlin |
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Berlin. Ein Gläschen Sekt für die Stars, Bier und Bratwurst fürs
Publikum: Open-Air-Konzerte leben von Gegensätzen. Für das
Waldbühnenkonzert von Jonas Kaufmann, Anna Netrebko und Erwin
Schrott zum Beispiel ist kein Superlativ zu groß: Als
„Gipfeltreffen der Stars“ wird das Event apostrophiert, zwängt
sich das V.I.P-Publikum mit seinen 400-Euro-Tickets durch
improvisierte Schleusen aus Mülltonnen aufs Gelände. Und während
die paar Hundert Premiumgäste direkt vor der Bühne auf Stühlen
mit Lehne sitzen, müssen es sich die restlichen 17000 Zuschauer
auf Bänken bequem machen, während ein riesiger Kronleuchter ein
bisschen Gala-Atmosphäre auf die Bühne zaubert.
Von dort
klingen geschmackvoll aufbereitete Opernhäppchen durch die
halbwegs laue Nacht, dargeboten von den populärsten Stars, die
die Gesangsszene derzeit aufzubieten hat. Und wem bis dahin noch
nicht bewusst war, welchem einzigartigen Event er beiwohnt, dem
zeigen es die vielen Fernsehkameras, die an Kränen und Seilen
wie bildergierige Maschinenwesen aus einemScience-Fiction-Film
über den Köpfen der Zuschauer schweben. Denn das ZDF überträgt
noch am selben Abend, und Lanz kocht mal nicht, sondern
moderiert.
Das Programm folgt der üblichen Dramaturgie
solcher Gala-Abende. Zu Beginn darf die Prager Philharmonie
unter Marco Armiliato mit der Ouvertüre zur „Verkauften Braut“
einen schwungvollen Gruß an die tschechische Heimat schicken.
Dann wird’s vorwiegend italienisch, und am Ende mündet der Abend
ins Musical- und Operettenselige. Warum auch nicht.
Erwin
Schrott zählt in der „Register-Arie“ des Leporello die amourösen
Abenteuer Don Giovannis auf, singt nonchalant und mit
abgründiger Schwärze in der Stimme von den Eskapaden seines
Herrn. Aber auch Verdis Schauerdramatik hat er drauf, und
schließlich findet er in Tangos von Piazzolla und dessen
Nachfolger auf dem Thron des Nuevo Tango, Pablo Ziegler, zu
einer feinen Mixtur aus klassischer Gesangskultur und
südamerikanischer Sinnlichkeit. Als Bühnenpartner der
Netrebko taugt ein Bariton aber, zumindest nach gängiger
Vorstellung, nur bedingt: Da muss der Lebenspartner Platz machen
für Jonas Kaufmann, scheinbar den sinnlichsten Tenor, den die
Szene derzeit aufzubieten hat.
Fast ein wenig bieder
kommt der Münchner im klassischen Smoking daher. Aber die
Locken! Die Bartstoppeln! Der Charme! Denn ganz beglückt
verspricht er Petrus ein Bier, weil der es so gut mit dem
Sängergipfel meint und den Himmel über Berlin regenfrei hält.
Fürs Erste dankt er mit seinem Tenor: füllig und dunkel
timbriert und sinnlich lodernd. Dass sein Piano brüchig ist ***
– was soll’s. Wenn Kaufmann aufdreht, bebt wahrscheinlich noch
das benachbarte Olympiastadion; „Freunde, das Leben ist
Wunderbar **“, singt er am Ende – wer wollte widersprechen?
Im Zentrum des Abends aber steht, natürlich, Anna
Netrebko. Im gelben Schulterfreien und mit dickem Perlencollier
betritt sie im ersten Teil die Bühne, in nachtblau glänzender
Robe im zweiten: eine strahlende Königin der Opernbühne. Dass
sie beim Aftershow-Sekt quietscht und hüpft wie ein
aufgekratzter Teenie – nun gut. Aber wenn sie auf der Bühne
steht, und singt: Dann ist sie eine der großen Sängerinnen
unserer Zeit. In der Szene der Leonora aus Verdis „Trovatore“
umschmeichelt sie Jonas Kaufmann mit den Händen * – und viel
mehr noch mit ihrer bezaubernden Stimme. Einfach schön.
(* da muss sie aber sehr lange Arme gehabt haben, da er
mindestens 10 Meter von ihr entfernt stand) (** es heißt
"lebenswert") (*** wo hat er denn das abgeschrieben, gehört
haben kann der Schreiber es nicht)
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