Der Neue Merker
Martin Robert BOTZ
„WERTHER“ 04.02.2010, Opéra Bastille (Pr.14.1.)
Bastille: „WERTHER“
 
Im Theater schaut manches anders aus als im Fernsehen, dennoch die Bühne von Charles Edwards ist kein großer Wurf: zuerst eine Mauer mit Tor und etwas Efeu, dann eine leere Fläche mit einer Brüstung. Im 3. Akt ist es ein großes Zimmer und im 4. Werthers Kammer.

Alles sehr spartanisch. Die Kostüme von Christian Gasc entsprechen der Goethe-Zeit.

Der Regisseur setzte wohl auf das Prinzip der Bedächtigkeit und verstärkte so noch den melancholischen Charakter der Handlung.

Übrigens wurde diese Produktion aus Covent-Garden übernommen.

Ein großer Publikums-Liebling in Paris ist der Dirigent Michel Plasson offensichtlich.

Aber die Opéra hat mit Jonas Kaufmann einen absoluten Haupttreffer gezogen. Man war überzeugt, der traumverlorene, melancholische, romantische Held liege seinem Temperament, seinem Charakter und seiner Stimme ganz besonders gut. Sein Singen war nahezu vollkommen, angefangen mit „O, nature“ und mit der ersten Verzweiflung (als er hört „Albert, est de retour“) im „J’en mourrai“ und dann mit dem Aufschrei „Un autre,son époux“ wenn der Vorhang fällt – da erhebt sich der erste Begeisterungssturm. So könnte man jeden Akt durchgehen, z. B. der 2., wenn er mit „Non! Jamais! Adieu“ davonrennt. Im 3. ist es nicht nur das „Pourquoi“, auch der Ausbruch „C’est impossible“ und dann im 4. das langsame Sterben. Es seien auch noch seine meisterhafte Phrasierung, sein Legato und die strahlend aufblühenden Höhen erwähnt.

Es erhob sich ein so gewaltiger Begeisterungssturm, wie ihn die „heiligen Hallen“ wohl noch nicht oft erlebten. Er eroberte sich das Pariser Publikum total. Er ist jetzt dort der große Liebling geworden. Es war einfach großartig und überwältigend. Der Werther dürfte wohl eine Traumrolle für ihn werden.


Es soll dabei aber nicht auf die Charlotte der Sophie Koch vergessen werden. In Wien war sie mir, zusammen mit Villazon zu laut und unausgeglichen. Gar nichts davon an diesem Abend. Sie sang wunderschön auf Linie, ganz ausgeglichen und hatte die aktivste Rolle (das kam wohl mehr von ihr als vom Regisseur). Alles in allem, war sie voll überzeugend.






 
 
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