Münchner Merkur, 27. Mai 2010
Gabriele Luster
Operngala, München 25. Mai 2010

 
 
Ausschnitt:
„Mit „E lucevan le stelle" aus Puccinis „Tosca" machte er neugierig auf seinen Cavaradossi. Dabei zeichnete er mit großer Intensität ein feines Psychogramm des Todgeweihten. Auch die Arie Don Joses („Carmen") hatte er zuvor zum innigen Erinnerungsmoment gemacht, in dem es nicht ums Ausstellen der Stimme, um protzige Töne und üppige Schluchzer geht, sondern um die Wahrheit des Gefühls. Dafür riskiert Kaufmann einiges. Er nimmt die Stimme zurück, färbt sie sensibel ein, setzt ganz auf Ausdruck - und gewinnt. Auf diese Erfolgsspur schwenkte der Tenor, der vom Münchner Rundfunkorchester unter Michael Güttier begleitet wurde, allerdings erst beim „Freischütz"-Max ein. Da klang sein dunkler Tenor endlich frei, da nahm er die Höhe ohne Anstrengung, Zuvor hatten Beethovens Florestan („Fidelio") und Mozarts Tamino („Zauberflöte") arg enttäuscht. Aus den Tiefen des Gaumens hatte Kaufmann bei Beethoven zum „Gott welch Dunkel hier" angesetzt und den Ton nicht ohne Effekt anschwellen lassen. Dennoch: Vieles blieb gaumig, wirkte technisch hergestellt, klang in der Hohe, angestrengt und strömte keineswegs selbstverständlich. Das änderte erst Webers Max. Auch bei Wagners „Parsifal" bewegte sich Kaufmann in seinem Element. Das baritonale Timbre prädestiniert ihn auch zum „Walküren"-Siegmund. Doch leider fehlte dessen „Winterstürmen" der Normen sprengende Überschwang. Das lag auch am Orchester, mit dem Güttier gern in Tempo- und Dynamik-Extreme floh - auf Kosten von Spannung und Präzision. Die beiden „Lohengrin"-Vorspiele wirkten dagegen bei aller Üppigkeit transparent. Das Vorspiel zum ersten Akt leitete nahtlos über zur (durch Vokalverfärbungen minimal getrübten) Gralserzählung. Wie im Nationaltheater entwickelte sie Kaufmann aus zartestem Pianissimo, steigerte sie intelligent und bannte das Publikum so, als würde er eine unerhörte Neuigkeit erzählen.“
 
 






 
 
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