Mannheimer Morgen, 27.1.2009
Georg Rudiger
Strauss: Rosenkavalier, Baden-Baden, 25. Januar 2009
Alles ist zum Weinen schön
Musiktheater: Beim "Rosenkavalier" mit Thielemann, Fleming und Co. im Baden-Badener Festspielhaus stimmt einfach alles
Das Getrommel im Vorfeld war groß, kaum ein Superlativ wurde dabei ausgelassen. Andreas Mölich-Zebhauser sprach vom "besten Rosenkavalier, der in den letzten 20 Jahren entstanden ist", das Solistenensemble wurde als die "beste aller denkbaren Besetzungen" gepriesen.

Der Mann hat Recht. Es ist nicht nur die hohe musikalische Qualität der Solistinnen Renée Fleming, Sophie Koch und Diana Damrau, die diesem Abend seinen Stempel aufdrückt. Es ist nicht nur das wunderbare Legatospiel der von Christian Thielemann geleiteten Münchner Philharmoniker, das den Abend veredelt. Es ist die musikalische und szenische Selbstverständlichkeit, mit der dieser "Rosenkavalier" Maßstäbe setzt.

Man kann in jedem Augenblick spüren, wie gut diese Neueinstudierung von Herbert Wernickes ästhetischer, von variablen Spiegelwänden und edlem Interieur geprägten Salzburger Inszenierung aus dem Jahr 1995 von Alejandro Stadler geprobt wurde. Alles geht leicht von der Hand, nichts wirkt gewollt.

Die Ouvertüre interpretieren die Münchner Philharmoniker bei ihrem Operndebüt mit opulentem Sound und jauchzenden, vitalen Hörnern, um dann unter der Leitung von Christian Thielemann eine ganz durchsichtige Begleitung zu entwickeln. Renée Fleming siedelt die Partie der Marschallin ganz im Lyrischen an. Bei den hoch liegenden, dramatischeren Passagen hält sich die amerikanische Sopranistin merklich zurück.

Ihr jugendlicher Liebhaber Octavian ist da in Gestalt von Sophie Koch präsenter. Mit ihrem fein geführten Mezzosopran bleibt sie auch in der Spur, wenn sie sich im zweiten Akt bei der Auseinandersetzung mit dem Nebenbuhler Baron Ochs auf Lerchenau messen muss. Darstellerisch belebt Sophie Koch ebenfalls das Geschehen.

Ihre Zärtlichkeiten mit der Marschallin sind berührende, ihre Unschuld vom Lande im hinreißenden dritten Akt ist eine Wucht. Franz Hawlata gibt hier einen herrlich trotteligen, nie um eine Ausrede verlegenen Baron Ochs, der trotz aufgeklapptem Lederhosenschlitz und geklauter Perücke nicht den leisesten Zweifel an seinem Sexappeal hegt. Sein Bass charmiert sich beweglich durch diese Frauenwelten, wenn er auch in der Höhe an Flexibilität verliert.

Das gilt keinesfalls für Diana Damrau, die gerade in den Spitzentönen ihre ganze Klasse ausspielen kann. Ihre Sophie geht zu Herzen in ihrer Mischung aus Schüchternheit, Koketterie und Temperament. Jonas Kaufmann singt seine einzige Arie beim Lever des ersten Akts mit leicht dumpfer Mittellage und scharfer Höhe - und schaut sich den weiteren Abend entspannt und Autogramme verteilend auf dem Rang an.

Zum Schlussjubel nimmt Christian Thielemann dann sein gesamtes Orchester mit auf die Bühne. Seine Opernpremiere hat es mit Bravour bestanden. Wer diesen zum Weinen schönen "Rosenkavalier" jedoch verpasst hat, kann vielleicht mit der DVD dieser Produktion getröstet werden, die noch in diesem Jahr erscheinen soll.






 
 
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