Stimme.de, 27.1.2009
Theophil Hammer
Strauss: Rosenkavalier, Baden-Baden, 25. Januar 2009
Liebesleid und Liebesfreud
Baden-Baden - Die Aufführung des „Rosenkavalier“ von Richard Strauss ist für das Festspielhaus ganz sicher der Höhepunkt der Winterfestspiele, vielleicht sogar der ganzen Saison. Die Münchner Philharmoniker unter ihrem Chef Christian Thielemann als unverbrauchtes Opernorchester, dazu ein Sänger-Ensemble von illustrem Format plus eine erprobte, immer noch sehenswerte Herbert Wernicke-Inszenierung aus dem Jahre 1995, gemeinsam produziert von den Salzburger Festspielen und der Opéra National de Paris: Wer könnte angesichts solcher Voraussetzungen nicht ins Schwärmen geraten?

Beginnen wir mit den Münchner Philharmonikern. Sie musizieren auf höchstem Niveau, konzentriert von Anfang bis Ende. Sorgsam sind die klanglichen Details ausgearbeitet. Genauso überzeugend gelingt die entfesselte Raserei zu Beginn des dritten Aktes.

Klangliche Mitte Christian Thielemann lässt die langsamen Stellen aufblühen. Die unterschwellige Walzerseligkeit kommt ebenso zu ihrem Recht wie die grelle Maskerade. Allerdings fehlt klanglich manchmal die verbindende Mitte zwischen den Extremen. Dafür ist Thielemann ein genialer Sängerbegleiter. Die drei Damen Renée Fleming (Feldmarschallin), Sophie Koch (Octavian) und Diana Damrau (Sophie)unterscheiden sich relativ wenig im Timbre. Diana Damrau bietet herrlich schwebende Höhen, Renée Fleming große Melodiebögen, Sophie Koch gesunde Vokalkraft. Franz Hawlata gibt den Ochs, trotz vordergründiger Derbheit, mit gestalterischer Noblesse.

Auch die Nebenrollen sind gut besetzt: Wenn ein Franz Grundheber als Faninal aufgeboten ist und ein Jonas Kaufmann als Sänger kaum zwei Strophen zu singen hat, sagt das alles über die Außergewöhnlichkeit der Besetzung. Die Arbeit von Herbert Wernicke, dem 2002 verstorbenen Regisseur und Ausstatter, besitzt zeitlose Qualitäten. Sie besticht durch kluge Raumaufteilung und erfasst die „Komödie für Musik“ in ihrer Totalität. Ihre Ästhetik mischt raffiniert Künstlichkeit und Realität, Sein und Schein.

Gestützt auf die Tradition und unterfüttert mit einem Schuss Ironie, wird hier nicht nur eine einfache Geschichte, sondern allgemein von der Vergänglichkeit der Liebe erzählt. Die Feldmarschallin macht damit ihre Erfahrungen, aber auch bereits die jungen Leute merken, dass Liebe nicht nur Leidenschaft, sondern auch Leid bedeutet. So legt sich denn eine stille Wehmut über einen glanzvollen Abend.






 
 
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