Oberpfalznetz, 24.07.2009
Anastasia Poscharsky-Ziegler 
 
Schwanenritter ohne Fehl und Tadel 
 
Wieder gesund: Tenor Jonas Kaufmann wird zu Recht bei den Schlossfestspielen vom Publikum gefeiert
Foto: apz

"Was die Ärzte wohl mit ihm gemacht haben?", raunten einige im Publikum am Mittwochabend. Nur drei Tage zuvor hatte Tenor Jonas Kaufmann seine "Lohengrin"-Partie in der Münchner Staatsoper wegen Erkältung (es war keine Erkältung) und hohem Fieber abbrechen müssen. Nun sollte der gefragte neue Star am Sängerhimmel bei den Thurn und Taxis Schlossfestspielen eine Opern-Gala bestreiten. Würde er auftreten und durchhalten?

Bei den gut disponierten Hofer Symphonikern wusste man schon mal, was man an ihnen hat: Unter dem Dirigat des in Opern äußerst erfahrenen Jochen Rieder boten die Oberfranken passend zum lauschigen Sommerabend die ganze Bandbreite von schimmernder Seidigkeit bis zu vollmundigem Tuttiklang und steigerten sich im zweiten Konzertteil zu strahlender Hochform.

Sechs kurze Auftritte

Doch der erste Blick ins Programmheft enttäuschte manchen der (nicht nur weiblichen) Tenor-Bewunderer, die jeden Sommer im Innenhof von Schloss St. Emmeram auf ihre Kosten kommen: Nur sechs kurze Auftritte des 40-jährigen Münchner Sängers an der Schwelle zum Starruhm waren da bei romantischen Arien zu erkennen.

Die Instrumentalstücke des Orchesters erwiesen sich zudem (bei Bizets "Patrie"-Ouvertüre oder Rossinis schneidig gerittener "Wilhelm Tell"-Einleitung) als überlang. Die Interpretationsfreude des Orchesters entschädigte aber für das gewisse Ungleichgewicht. Bei den fünf Auszügen aus der "Carmen Suite" ließ sich das Festspielpublikum gar zu einem heftigen Zwischenapplaus hinreißen.

Mit der Maler-Arie "Recondita Armonia" des Cavaradossi stellte sich der hoch gewachsene Jonas Kaufmann mit braun gelockter Mähne und gepflegtem Dreitagebart elegant in seiner Arbeitskleidung, dem Frack, vor. Da setzte die Damenwelt schon gerne mal das Opernglas an das erfreute Auge, und das Ohr wartete gespannt auf "Deutschlands schönste Stimme", wie es auf Kaufmanns neuer CD "Sehnsucht" wenig bescheiden heißt. Gleich zu Anfang waren Intonationssicherheit, klingendes Piano, stimmungsvolle Modulationen und herrlich dynamische Aufbauten zu genießen.

Kaufmanns Arien aus "Martha" und "Werther" blieben dagegen etwas blass, und nur ein Stern blinkte am Nachthimmel bei "E lucevan le stelle". Die Tenorarie ging zwar unter die Haut, wurde aber einem absoluten Superlativ nicht gerecht.

Mit französischem Charme schlupfte Kaufmann in die Rolle des Don José. Atemlose Stille herrschte, als er auf dem Weg zum Helden mit magischer Ausstrahlung den Schwanenritter gab, als Lohengrin ("In fernem Land, unnahbar euren Schritten") seinen Abschied von Elsa nahm, die als Frau einfach zu viele Fragen stellte. Wer diesen "Lohengrin" hören durfte, löschte die CD-Aufnahme sofort aus dem Gedächtnis und entwickelte Vorfreude auf Bayreuth 2010: Da wird Jonas Kaufmann die Titelpartie in der "Lohengrin"-Neuinszenierung von Hans Neuenfels übernehmen.

Da applaudierten Alfred Biolek und Fürstin Gloria "alfredissimo", das Publikum rief "Bravissimo" und erhob sich "prestissimo" von den Sitzen. Aufgrund dieser Gunstbeweise gewährte der Sänger sage und schreibe vier Zugaben, gab darunter den "Rigoletto" und den Operettenkracher "Freunde, das Leben ist lebenswert!" zum Besten.

So kann, so muss eigentlich eine Tenor-Gala enden.






 
 
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